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Kultmarke Saab : Alter Gefährte

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Stelldichein der Verbliebenen: In der Werkstatt des Frankfurter Saab-Zentrums Ratzmann hegen und pflegen die Mechaniker das Erbe. Bild: Frank Röth

Sicher, langlebig, ein Faustkeil für die Straße: Für Romantiker und Nonkonformisten war Saab immer mehr als nur ein Auto. Sie halten ihm bis heute die Treue.

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          Heiligabend hat sich der Sohn mal wieder eine Anspielung geleistet. Weil der Weihnachtsmann mit dem Saab komme, wisse man ja nie, ob er es bis zur Haustür schaffe. Dabei wissen selbst die Enkelinnen rund um den Tannenbaum: Vergangenes Jahr hat er es gepackt, und der Opa lässt nichts auf sein Auto kommen. Und seitdem er erzählt hat, dass es aus Trollhättan stammt, also dem Hügel der Trolle, dieser Kobolde in Riesen- oder Zwergengestalt, finden sie das betagte Fahrzeug „cool“. Der jüngeren Generation muss man erst mal klarmachen, warum dieser Wagen mal Kultpotential hatte. Als Filmstar etwa mit Woody Allen oder Jack Nicholson am Steuer. Bevorzugt auch in Vorabendserien und ganz aktuell in „Drive My Car“. In dem Spielfilm des japanischen Regisseurs Ryusuke Hamaguchi sind die Hauptdarsteller in einem roten Saab 900 Turbo unterwegs, der Filmkritiker nennt ihn ein „Liebhaberauto, das beinahe so etwas wie das Medium des Films ist“.

          2014 sind in Trollhättan nach Sommern und Wintern des Stillstands der Laufbänder noch 264 Saabs als solitäre Nachzügler zusammengeschraubt worden. Das Jahr markiert das Ende einer markanten Marke, die dafür stand, sichere und langlebige, äußerlich unverwechselbare Autos zu bauen. In einer Form, die an Faustkeile erinnerte und eine Klientel anzog, von der es hieß, dass sie sich vorwiegend aus Architekten, Ärzten, Rechtsanwälten und ja, auch Journalisten zusammensetzte. Die These konnte nie empirisch belegt werden. Vielleicht war sie hilfreich für das Marketing, aber der Saab ist selbst in seinen besten Zeiten ein Nischenprodukt geblieben und letztlich ein Opfer seiner geringen Stückzahl (zwischen 100.000 und 150.000 jährlich) auf dem Weltmarkt geworden.

          Seine Historie ist die eines ambitionierten Außenseiters inmitten eines Haifischbeckens von traditionellen Autokonzernen. Es ist die Geschichte des schwedischen Rüstungskonzerns Svenska Aeroplan Aktiebolaget, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Plan umsetzte, in Friedenszeiten neben dem Bau von Flugzeugen in der Autobranche Fuß zu fassen. 1947 zeichneten und realisierten ein paar automobilaffine Enthusiasten einen laubfroschgrün lackierten Zweitakter mit DKW-Motor. Die Fachwelt würdigte einen Nonkonformisten auf Rädern. Der Legende nach kam der Wagen nur deshalb so daher, weil die Tarnfarbe aus Kriegszeiten übrig geblieben und preisgünstig zu haben war. Ein schmales Budget sollte der Wegbegleiter aller Klimmzüge in der dann letztlich zeitlich doch überschaubaren Firmengeschichte bleiben. Zugleich machte es aber erfinderisch, aus begrenzten Ressourcen das Bestmögliche an kühnen Innovationen zu realisieren.

          Bei der Namensgebung ihrer Modelle blieben die Skandinavier über Jahrzehnte so stocknüchtern, als handele es sich um Exemplare aus dem Versuchslabor: Saab 92, Saab 96, Saab 99, Saab 9000, Saab 900, Saab 9-3, Saab 9-5. Mit Vorderradantrieb aus Prinzip. Der Saab war ein kerniger, solider Typ und seiner Zeit voraus. Schon der Nachfolger des Ur-Saabs verfügte über einen serienmäßigen Seitenaufprallschutz, bereits 1958 wurde der Sicherheitsgurt eingeführt, der von 1962 an serienmäßig in allen Saab-Modellen zu finden ist. Ende der Sechzigerjahre verlegte Saab das Zündschloss zwischen die beiden Vordersitze. Die Begründung: weil es in der herkömmlichen Position bereits bei kleineren Unfällen (etwa mit Elchen, die die Vorfahrtsregel missachten) zu schweren Knieverletzungen kommen kann. Der Werbeslogan (je schlechter das Wetter, desto besser der Saab) bezog sich 1970 auf die Scheinwerferwischanlage.

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