Probleme beim IC 2 : Seekrank im Obergeschoss
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Drunter und drüber: Im IC 2 reist man auf zwei Stockwerken. Aber noch nicht ganz so, wie es geplant war. Bild: Deutsche Bahn AG
Er kam spät, dafür schwankt er gewaltig: Der neue IC 2 mit seinen Doppelstock-Wagen muss aufwendig überarbeitet werden. Das Wackeln des Zuges ist dabei nicht das einzige Problem, das behoben werden muss.
Schneidig sieht er ja aus, der Nachwuchs der weißen Flotte: Der IC 2 der Deutschen Bahn macht eine gute Figur, wenn er mit seiner weiß lackierten Lokomotive am Bahnsteig steht. Technisch allerdings lässt der Zug, der jeweils aus einer Lok der Baureihe 146.5 und fünf Doppelstock-Wagen des Typs Bombardier Twindexx besteht, noch zu wünschen übrig.
Den Fahrgästen ist seit der Premiere im fahrplanmäßigen Verkehr im vergangenen Dezember vor allem das unangenehme Wanken aufgefallen. Die abwechselnde Querbeschleunigung tritt bei den bis zu 160 km/h schnellen IC-2-Zügen insbesondere auf frisch geschliffenen Schienen auf. Schienen werden geschliffen, um Abnutzungserscheinungen zu beseitigen. Die Reibung zwischen Rad und Schiene ist bei frisch geschliffenen Profilen besonders gering, dann machen sich die Wankbewegungen des Zugs besonders deutlich bemerkbar. Vor allem im oberen Stockwerk der Wagen sind sie zu spüren. Nicht nur empfindsame Naturen sind dabei seekrank geworden. Und beim Ausstieg der Passagiere mag mancher Beobachter an Goethes Faust gedacht haben: „Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten.“
Die Ausfälle häufen sich
Bahn und Hersteller arbeiten an der Lösung des Problems. Erste Linderung bringt wohl schon eine andere Abstimmung des Federungs- und Dämpfungssystems. „Diese Optimierung wird in den nächsten Wochen in umfangreichen Praxistests erprobt und voraussichtlich bis Ende 2016 in allen Zügen umgesetzt“, heißt es dazu bei der Bahn. Verändert werden sollen zudem die Laufflächen der Räder. Versuche werden derzeit mit zwei Zügen vorgenommen. Wenn das optimale Profil gefunden ist, sollen alle Züge (mit jeweils 20 Radsätzen in den Wagen) überarbeitet werden. Außer dem Wanken (das laut Bahn zwar unangenehm, aber nicht sicherheitsrelevant ist) plagten die neuen Züge auch Türstörungen und Schwächen in der Fahrzeugsteuerung. Entsprechend häuften sich die Ausfälle.
So werden vorerst nicht alle der (mit zwei Jahren Verspätung ausgelieferten) bisher 27 IC-2-Garnituren eingesetzt. Damit soll bei notwendigen Reparaturen immer Ersatz zur Verfügung stehen. Die Verbindungen Dresden-Köln und Düsseldorf-Jena/Halle werden wohl erst im kommenden Dezember von den neuen Doppelstock-Zügen befahren. Immerhin zwischen Leipzig und Norddeich sowie Koblenz und Norddeich verkehrt der IC 2 schon.
Nicht nur mit der Zuverlässigkeit der Züge im Einsatz ist die Bahn noch nicht zufrieden. Auch die Inbetriebnahme läuft nicht reibungslos. „Die Züge müssen vor ihrem jeweiligen ersten Einsatz im Fahrplan durch die Deutsche Bahn vorbereitet und hinsichtlich Qualität und Zuverlässigkeit geprüft werden“, heißt es mit säuerlicher Note beim Betreiber.
Es liegt nicht an der Doppelstock-Technik
Dabei sollte der Schienen-Fernverkehr mit aus Doppelstock-Wagen gebildeten Zügen doch ein technisch ausgereiftes System sein. Schließlich nahm die Lübeck-Büchener Eisenbahn (LBE) schon vor 80 Jahren den Betrieb ihrer Stromlinien-Wendezüge zwischen den Hansestädten Lübeck und Hamburg mit solchen Dosto-Garnituren auf. Heute bewähren sich technisch eng mit dem IC 2 verwandte Doppelstock-Garnituren im Regionalverkehr der Deutschen Bahn. Und der bis zu 320 km/h schnelle französische Hochgeschwindigkeitszug TGV Duplex verkehrt seit 1996. Da schien die Idee, den Intercity-Fernverkehr der Deutschen Bahn mit bewährter Doppelstock-Technik zu modernisieren, durchaus schlüssig.
Die Wagen der LBE wurden damals in Breslau (Linke-Hofmann) und Görlitz (Wumag) gebaut. Aus Görlitz (nun von Bombardier) stammen auch die neuen Dosto-Wagen des Intercity 2. Ein aus fünf Wagen bestehender Zug bietet 484 Sitzplätze der zweiten und 70 Plätze der ersten Klasse. Auf ein Restaurant oder Bistro verzichtet die Bahn im neuen Fernzug, stattdessen sollen die Passagiere in dem an Treppen reichen Zug von Mitarbeitern der Lufthansa-Tochter Sky Chefs am Platz versorgt werden.
Angesichts des holprigen Starts der neuen Intercity-Generation kommt das gerade angelaufene Programm „Reset“ (mit einem Volumen von 15 Millionen Euro) der Deutschen Bahn gerade richtig. Denn dabei sollen nicht nur bis zum Sommer Mängel an insgesamt 250 ICE-Zügen gründlich beseitigt werden. Von September bis Dezember 2016 steht auch die intensive Wartung von 1400 älteren IC-Wagen und 200 Lokomotiven an. Diese bewährte Technik dürfte noch gebraucht werden.