Oldtimer : Ein Jahrgang: Mustang, Trabant, Diplomat
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Heute nicht zu bezahlen: Ferrari 275 GTB Bild: Dieter Günther
Niemals wurden so viele Kinder in Deutschland geboren wie 1964. Es ist die Zeit des Überflusses. Der 1000-Mark-Schein kommt, der 600er-Mercedes, der 911, der Opel Diplomat. In der DDR debütiert der Trabant 601. Ein Rückblick auf die neuen Autos vor 50 Jahren.
Noch nie sind in Deutschland mehr Kinder auf die Welt gekommen als 1964. Dieser Rekord steht wahrscheinlich für immer und ewig, da sind die Autos aus dieser Zeit schon längst vergessen. Bis auf einige wenige, wie der Porsche 911 zum Beispiel, der nach seinem Debüt auf der IAA 1963 im Herbst 1964 endlich in den Verkauf kommt.
Doch zu Beginn des Jahres debütiert der Renault R 8 Major mit stolzen 50 PS, angetrieben von einem 1,1-Liter-Motor der Renault Caravelle. Bisher gab es nur 44 PS aus 0,95 Liter Hubraum. Am 3. März rollt schon der 500 000ste R4 vom Band - Produktionsstart war 1961. Anstelle des R4 L Super tritt der R4 Export. Einzelliegesitze sind gegen Aufpreis verfügbar. Schließlich gibt es den unverwüstlichen Franzosen auch noch mit Allradantrieb: Der R4 „Sinpar 4×4“ - Sinpar ist der 4×4-Zulieferer - eignet sich auch für schwieriges Gelände.
Opel stellt am 25. Februar seine drei größten, völlig neu konstruierten Modelle vor: Kapitän und Admiral mit hauseigenem Sechszylindermotor, 2,6 und 2,8 Liter Hubraum, 100 und 125 PS, 155 und 170 km/h Höchstgeschwindigkeit zu Preisen von 10 990 und 11 300 Mark. Den Diplomat V8 mit 1,5 Tonnen Gewicht treibt, dem amerikanischen Charakter des Wagens entsprechend, ein Chevrolet-V8-Motor mit 4,6 Liter Hubraum an. Die Produktion beginnt schon kurz nach der Vorstellung, der Diplomat kommt erst im Sommer, seine Coupé-Version wird im Dezember vorgestellt. Sie hat einen 5,4-Liter-Motor mit 230 PS, die Höchstgeschwindigkeit beträgt laut Werksangabe 206 km/h, der Preis: 25 500 Mark.
Auf dem Genfer Automobilsalon freuen sich die Giulietta-Sprint-Fans über die Einsicht der Alfa-Leute: Die Mailänder haben der hartnäckigen Nachfrage ihrer Kunden nachgegeben und die Produktion des heißgeliebten, zuvor aber zugunsten der neuen Giulia Sprint 1600 eingestellten Modells wiederaufgenommen. Kleine Fehlinvestition: Alfa erwirbt die Lizenz auf Wankelmotoren von 50 bis 300 PS. Die Italiener sind in guter Gesellschaft: Auch Daimler kauft eine Wankel-Lizenz. Später (1969) wird mal der C 111 daraus. Doch er bleibt ein Prototyp - wenn auch unvergessen.
Die ersten Ford Mustang verlassen am 9. März in Dearborn/Michigan die Montagebänder. Sie imponieren optisch mit ihrer langen Motorhaube und dem kurzen Heck, bieten technisch aber nichts Neues. Die Motorenauswahl reicht vom 2,8-Liter-Sechszylinder (101 PS) bis zum 4,7-Liter-V8 (275 PS). Beim einfachsten der angebotenen Getriebe ist der erste Gang nicht synchronisiert. Das Auto kommt in Deutschland als Ford T5 auf den Markt (Zweiradhersteller Kreidler hatte die Namensrechte an „Mustang“).
Durch den Tunnel unter dem Alpenpass Großer Sankt Bernhard fließt am 19. März der erste Straßenverkehr.
Ferrari präsentiert wenig später die Serie II des legendären 250 GTO. Auf dem Pariser Salon im September glänzt Ferrari zudem mit den ebenfalls von Pininfarina entworfenen und gebauten 275 GTB (Berlinetta) und GTS (Spyder). Ihre 3,3-Liter-Zwölfzylinder leisten 260 und 280 PS bei 7000/min.
Die Deutsche Bundesbank gibt am 27. Juli die ersten Banknoten im Wert von 1000 Deutsche Mark aus, den höchsten von ihr emittierten Nennwert. Zu sehen sind auf den Geldscheinen ein Bildnis von Lucas Cranach dem Älteren und - der Limburger Dom. „Wie passend“, schmunzeln da Bundesbürger 50 Jahre später.
Bei Porsche beginnt wie erwähnt im Herbst die Produktion des 911, der nach einem Einspruch der Peugeot-Justitiare nicht 901 heißen darf. Wichtigste Antriebsneuheit ist der traditionell luftgekühlte Boxermotor, je Zylinderreihe mit einer obenliegenden Nockenwelle und zwei Doppelvergasern: 1991 Kubikzentimeter, 130 PS bei 6200/min, 210 km/h Höchstgeschwindigkeit. Das genügte 1964 zum Träumen.
Ebenfalls im Herbst erfreut Renault seine Kunden mit dem R8 Gordini. Dank Amédée Gordini, dem berühmten Rennwagen- und Motorenkonstrukteur, ist dessen 1,1-Liter-Motor mit einer Verdichtung von 10,4 statt 8,5:1 ausgestattet, dazu kommen eine neue Nockenwelle, ein Leichtmetall-Zylinderkopf und weitere Neuerungen, jetzt gibt es 95 PS und eine Spitzengeschwindigkeit von immerhin 170 km/h.