Fahrbericht Opel Cascada : Eleganz und Turbo unterm Sonnenhut
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Blaue Stunde: Opels Cascada zeugt von kreativer Kraft in der Krise. Bild: Hersteller
Der Opel Cascada ist ein Frauenauto für Männer. Denn der für ein offenes Leben geborene Cascada macht schöner, jünger und klüger. Ein besonders origineller Einfall ist er aber nicht.
Frauen tragen in ihm gern große Sonnenbrillen und phantastische Hüte. Alleinfahrende Männer sind im Cascada nicht zu beneiden. Denn jede Frau denkt, mit dem Mann stimmt doch etwas nicht. Sonst hätte er längst eine riesige Sonnenbrille und einen Wahnsinnshut neben sich.
Mit dem Cascada hat Opel eine schöne Portion an Kreativität aus der Krise in den Alltag gerettet. Allerdings ist der Cascada kein besonders origineller Einfall, Cabrios oder Roadster hatte Opel immer im Programm. Aber im Zeitraum von sechs Jahrzehnten ist der Cascada erst das zweite von Opel im eigenen Werk gebaute Cabrio, die anderen kamen von Karosserieunternehmen. Auch ein Beleg dafür, wie ernst in Rüsselsheim mit der neuen Offenheit umgegangen wird. Ausgewachsene Cabriolets für vier Passagiere sind mit dem Abschied des Saab Cabrios (wir tragen mehr als nur eine Träne im Knopfloch) selten geworden, wenn man noch hinzufügt, dass sie aus dem Budget einer Familie bezahlt werden müssen. Denn das wird gern unter den Rabatt-Teppich gekehrt: Auch ein Lust-Fahrzeug muss bezahlbar sein. Und dieser Devise folgt keiner besser als der Cascada.
Ein Stoffdach wie eine feine Schirmmütze
Opel tritt mit seinem viersitzigen Palast der Winde immerhin gegen die Offen-Varianten des 4er-BMW, des Audi A5 und der Mercedes-Benz E-Klasse an. Alles windige Schwergewichte - und so was von elegant. Aber da kann der Opel mithalten. Flacher Bug, Keilform, athletische Proportionen und ein leckeres Stoffdach, das wie eine feine Schirmmütze aufliegt: Breit hockt der Cascada auf der Straße, und die freche Neigung des Dachs mit dem sehr klein geratenen Heckfenster sorgt für Dynamik im Stand. Mit Ohne-Dach-Optik glitzert der Opel wie einst Jean Harlow, nur viel realer. Kurze Überhänge und die breite Spur verhindern, dass der Cascada abgleitet in die Riege der belanglosen Schönlinge.
Die Blitz-Eleganz beginnt schon bei 25 945 Euro, und dafür wird auch das elektrische Stoffverdeck einschließlich Funkfernbedienung geliefert. Der 1,4-Liter-Basisbenziner leistet 120 PS (88 kW) und kann mit dem Cascada-Leergewicht nicht wirklich spielerisch umgehen, immerhin sind rund 1,8 Tonnen zu bewegen. Für mehr Temperament zum allerdings deutlich höheren Preis sorgt der im Testwagen Cascada 1.6 Ecotec Direct Innovation für 33 090 Euro installierte 1,6-Liter-Turbo. Der Benziner mit direkter Kraftstoffeinspritzung bietet 200 PS (147 kW) und ein maximales Drehmoment von 260 Nm von 1650 bis 4250/min.
Auf Sicherheit ausgelegtes Fahrwerk
Wird die Overboost-Funktion mit Vollgas abgerufen, steigt die Durchzugskraft für kurze Zeit um weitere 20 Nm. Das macht den Cascada-Fahrer zum Cascadeur: Aus dem Stand geht es mit dem exakten Sechsgang-Schaltgetriebe in knapp zehn Sekunden auf 100 km/h, 235 km/h sind durchaus möglich. Im Durchschnitt kamen wir auf einen Verbrauch von 9,9 Liter für 100 Kilometer, maximal waren es 11,7, und auf der Knauserfahrt 5,6 Liter.
Das Abrufen der Turboleistung sorgt zwar für Fahrspaß, will aber entlohnt werden. Zudem ist höflicher Umgang mit den Turbo-Taten angeraten: Die Leistung baut sich deutlich spürbar und sehr schnell auf, das sorgt mitunter auf feuchter Straße für kurzfristige Traktionsprobleme. Mit etwas Übung kann die Turbokraft sehr gezielt zum Beschleunigen aus der Kurve heraus genutzt werden, und sie erhöht dann die Menge des Fahrspaßes enorm. Dafür sorgen auch die direkte, fast ohne Antriebseinflüsse agierende Lenkung, die hohe Steifigkeit des Aufbaus und das betont auf Sicherheit ausgelegte Fahrwerk des Fronttrieblers.
Der elegante Opel ist weder Frauen- noch Männerauto. Er ist richtig für alle, die, unter einem irren Hut und mit hipper Sonnenbrille, den selbstverliebten offenen Auftritt schätzen. Ein unschuldiges Vergnügen.