Messen Caravan und IAA : Fest und Cholera
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Hat gut lachen: Die Zuneigung zu Wohnmobilen und Wohnwagen kennt offenbar kein Ende. Über der Branche und dem Caravan Salon in Düsseldorf scheint die Sonne. Bild: Hersteller
In Düsseldorf startet an diesem Sonntag der Caravansalon. In München folgt die IAA. Die eine Messe gibt den Klassiker, die andere versucht eine Neuerfindung. Die eine jubelt, die andere zittert.
In der Mobilitätsbranche stehen unmittelbar gleich zwei Ausstellungen bevor, die mal Großereignisse im Weltformat waren. In Düsseldorf findet von diesem Wochenende an der Caravan Salon statt, das führende Stelldichein einer Branche, die in den vergangenen Jahren nichts als Aufschwung kannte. In München beginnt in der Woche danach die von Frankfurt an die Isar verlegte Internationale Automobil-Ausstellung IAA für Personenwagen. Eine Gemeinsamkeit der beiden Messen ist die Corona-Pandemie, die hier wie dort besondere Zugangsvoraussetzungen erfordert und Besucher schreckt. Ansonsten könnten die Voraussetzungen unterschiedlicher kaum sein. Während der Markt der Wohnmobile von einem mit Sympathie begleiteten Aufschwung getragen wird, stehen das Auto und seine Ausstellung unter Dauerkritik.
Dabei versucht der veranstaltende Verband der Automobilindustrie VDA unter dem Eindruck von Protesten auf der letzten in Frankfurt abgehaltenen IAA vor zwei Jahren es nun in München allen recht zu machen. Auto, Fahrrad, Tretroller, Debatten, Konzerte, Yogakurse, Hundegassigehdrohnen – all das soll unter einen Hut gebracht werden. Dazu wird die Ausstellung geteilt, sie findet in den Messehallen außerhalb der Stadt und an verschiedenen Plätzen im Zentrum statt. Das soll die IAA näher an die Menschen bringen, führt aber zu einer Konturlosigkeit, die aus Sicht des Standortes Deutschland zu Besorgnis Anlass gibt. Die Messe sei „nicht so groß geworden wie vor der Pandemie geplant“, sagte Messechef Klaus Dittrich kürzlich. Dass die IAA wie erhofft eine halbe Milliarde Umsatz auslöse, sei nicht mehr zu erwarten. Der Ticketverkauf laufe bislang „zurückhaltend“.
Düsseldorf hat sich hingegen wiederum für ein klassisches Layout entschieden, 13 Hallen und die Freiflächen davor werden belegt. Der jährlich ausgetragene Caravan Salon kocht auf kleinerer Flamme als die alle zwei Jahre stattfindende IAA, die aber lodert beständig. 2019 markierte mit 270 000 Besuchern einen Rekord. Zur von Corona gebeutelten Ausstellung im vergangenen Jahr kamen 107 000. Die Zuversicht hat das nicht gebrochen, frohen Mutes läuft der Salon vom 28. August bis 5. September. 648 Aussteller sind gemeldet, das hat die Dimension der Zeit vor Corona. Die Besucherzahl ist auf täglich 20 000 begrenzt. Die Buchungen und Reservierungen seien „sehr erfreulich“, sagt ein Sprecher der Messe Düsseldorf, „wir erwarten, dass wir mit der Besucherzahl ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr erreichen können.“
Das Geld dafür sitzt offenbar locker
Die Marktdaten geben einigen Anlass zum Optimismus. „20 Millionen Deutsche wollen auf den Campingplatz. Reisemobile und Wohnwagen sind gefragt wie nie“, überschreibt die gsr-Unternehmensberatung eine Studie, die sie als bisher größte veröffentlichte Befragung ihrer Art zum Thema Reisemobile anpreist. Ihr zufolge werden bis Jahresende rund 1,5 Millionen Wohnwagen und Reisemobile in Deutschland zugelassen sein. Die Zahl der Menschen, die einen Ausflug oder einen Urlaub mit dem Wohnmobil planten, sei allein in diesem Jahr um 44 Prozent gestiegen. Corona, Spaß, Abenteuer und der Verzicht auf Flugreisen wegen Klimabedenken seien die Treiber, heißt es. Das Geld dafür sitzt offenbar locker. Im Durchschnitt wurden der Erhebung zufolge 54.500 Euro in ein neues Reisemobil investiert, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Für neue Wohnwagen wurden im Durchschnitt 25.000 Euro gezahlt. Nahezu 70 Prozent der Eigner bevorzugen Deutschland als Reiseziel. Besonders beliebt sind, in dieser Reihenfolge, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
Die Folgen sind allerdings schon augenfällig. Die 3061 Campingplätze mit ihren rund 230 000 Stellflächen sind gut gefüllt, bisweilen überbucht, Ferienorte vollgestopft. Und außerhalb der Saison mehren sich allerorten Wohnmobile, die am Straßenrand abgestellt werden und dort deutlich mehr Platz beanspruchen als die bisweilen angefeindeten SUV.