Klimaverträglicher Dieselmotor : Schall und Rauch
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Messverständnis: Wieviel Stickoxide aus dem Auspuff kommen, kann der TÜV mit seinen Geräten gar nicht ermitteln. Bild: dpa
Trotz aller Erregung um den Abgasskandal bei VW: Eine Dreckschleuder ist der moderne Dieselmotor nicht. Daran können auch Betrügereien nichts ändern. Deshalb wird er eine Zukunft haben.
Schäm dich, du Stinker. Schreie des Entzückens hat der Kaltstart eines Selbstzünders auch früher nie ausgelöst, weil er alle, die vor dem Auspuff stehen, gern mit einer schwarzen Wolke begrüßt und dann heftig vor sich hin nagelnd die Schläfer aufschreckt. Das haben wir hingenommen, damals in den Achtzigern mit dem alten zum Wohnmobil umgebauten Mercedes-Transporter D206, und, nachdem die Schwedenfähre angelegt hatte, schwitzend darauf gehofft, dass der Vorkammer-Vierzylinder nach einer Rudolf-Gedächtnisminute fürs Vorglühen anspringen möge. Immerhin wurde man als vollwertiges Mitglied der automobilen Gesellschaft wahrgenommen.

Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.
Und jetzt das. Seit ein paar Tagen traut sich der Eigner eines Diesels kaum mit seinem Gefährt aus dem Haus. Händler berichten, sie würden allen Ernstes gefragt, ob es denn überhaupt richtig sei, noch einen zu kaufen. Schon fordern die ganz Schlauen, die zu allem etwas zu sagen haben, Fahrverbote in den Städten. Und jeder Volkswagen erntet scheele Blicke – egal, wie er befeuert wird.
Diesel wird es auch in Zukunft geben
Da ist etwas schiefgelaufen. Motorenbauer schlagen die Hände über den Köpfen zusammen, wenn man mit ihnen über die Folgen des Skandals spricht. Der Diesel kommt unverdient in Verruf, ist deren einhellige Meinung. Jedes Kind weiß zum Beispiel, dass der tatsächliche Kraftstoffverbrauch eines Autos auf der Straße höher ist als in der Norm ausgewiesen. Wobei die Abweichung der Benziner fast immer höher ist als die der Diesel. Warum soll das beim Schadstoffausstoß anders sein? Dass hinten als Abgas herauskommt, was vorn als Treibstoff hineingeschoben wurde, ist eine Binsenweisheit. Viel höhere Werte im praktischen Betrieb im Vergleich zu jenen, die auf dem Prüfstand ermittelt wurden, sind also keine Überraschung und auch nicht illegal, weil niemand von einem Autohersteller erwarten kann, dass er Grenzen einhält, die der Gesetzgeber gar nicht fordert. Insofern ist es nicht schlecht, dass der geplante europäische Testzyklus näher an den Bedingungen auf der Straße sein wird als der alte. Nur lassen sich die Werte während der Fahrt nicht so genau messen.
Wenn die Ingenieure Autos so abstimmen, dass sie bei der Typenprüfung bestehen, ist das ihr gutes Recht. Davon strikt zu trennen sind jene Betrügereien, die dazu dienen, den Prüfstand auszutricksen, um eine bessere Einstufung zu erreichen. Die machen aus einem modernen Auto noch lange keine Dreckschleuder, es ist aber weniger sauber als angegeben. Also gemach, wir werden auch in Zukunft Diesel fahren, für einen vorzeitigen Tod ist er viel zu talentiert. Nicht nur als Antrieb für Schiffe und Generatoren, sondern gerade auch im Auto. Denn halten wir mal fest: Kein Verbrennungsmotor ist effizienter.
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Dass hoher Druck für einen sparsamen Umgang mit dem Kraftstoff gut ist, wusste schon Rudolf Diesel, auf den die Deutschen bisher so stolz waren und der doch eigentlich in Paris geboren ist. Diesels Erfindung komprimiert die Luft über eine hohe Verdichtung so stark, dass sich eingespritzter Kraftstoff (anfangs war es Petroleum) von selbst entzündet – mit der Folge einer kontinuierlichen Verbrennung statt der fremd gezündeten Explosionen im Benziner. Damit erreicht der Diesel im Vergleich einen höheren Wirkungsgrad oder, anders ausgedrückt, er verbraucht deutlich weniger. Wenn sich Diesels Motor lange Zeit nur in Nutzfahrzeugen durchsetzen konnte, lag das am ungehobelten Laufverhalten und der im Vergleich dürftigen Leistung – während der Benzinmotor immer höhere Drehzahlen erreichte, setzt dem Diesel hier der Verbrennungsablauf Grenzen. Erst seitdem es den Turbolader gibt, hat er richtig Dampf.