Keyless Go gehackt : Autoklau mit Laptop
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Bild: F.A.Z., Privat
Immer mehr Autos öffnen und starten ohne Schlüssel. Keyless Go ist bequem. Und freut den modernen Dieb. Er rückt mit Laptop an und kann das Auto in wenigen Sekunden entriegeln.
Es ist eine Nacht von Samstag auf Sonntag, 1.45 Uhr, in der Nähe von Frankfurt. Die beiden Männer schlendern an der Häuserzeile entlang und erblicken ihre Beute. Ob sie die Überwachungskamera bemerken, ist nicht zu erkennen. Jedenfalls scheren sie sich nicht darum. Im Schutze ihrer Kapuzenpullis und der Dunkelheit tritt einer dicht an die Hauswand heran und zückt sein Laptop, der andere stellt sich neben die Fahrertür des vor dem Haus abgestellten BMW M5. Nach wenigen Sekunden öffnet sich die Verriegelung des wertvollen Autos, die Scheinwerfer leuchten auf.
Der zweite Mann steigt ein. Weitere Sekunden später springt der Motor an, er parkt rückwärts aus. Der Komplize klappt sein Laptop zu, läuft zur Beifahrerseite und steigt ein, der BMW fährt davon. Nicht mal eine Minute ist vergangen. Keine Hektik, kein Lärm, keine Gewalt. Der perfekte Diebstahl. Fast. Denn einer Kombination aus Zufall, Aufmerksamkeit, schneller Reaktion der Polizei und diebischer Präzision ist es zu verdanken, dass die Fahrt schon bald wieder endet. Die Verbrecher kommen nur sieben Kilometer weit. Diesmal.
Der smarte Autodieb rückt nicht mehr mit Schraubenzieher oder Hammer an, sondern mit Elektronik. Es kommt ihm zugute, dass nahezu alle Hersteller auf komfortable Öffnungsmechanismen setzten. Der klassische Autoschlüssel hat ausgedient, das Zauberwort heißt Keyless Go. In Form einer Scheckkarte wie bei Renault oder einer Art Streichholzschachtel bei Audi, ob als bartloser Schlüsselersatz wie bei Mercedes-Benz - ganz egal, die Funktionsweise ist immer gleich: Der „Schlüssel“ kann in der Hosen- oder Handtasche bleiben. Berührt der Träger die Innenseite des Autotürgriffs mit der Hand, öffnet die Zentralverriegelung. Manchmal muss an ihm eine Taste gedrückt werden.
Beim Aussteigen gibt es ebenso zwei Varianten. Man muss eine bestimmte Stelle des Türgriffs, meist gekennzeichnet durch ein kleines eingelassenes Feld, berühren, schon schließt das Fahrzeug ab. Oder es genügt, sich zu entfernen. Ist ein bestimmter Abstand erreicht, verriegelt das Fahrzeug automatisch. Quittiert wird der Vorgang in der Regel durch die Blinker, die je nach Hersteller ein oder mehrfach aufleuchten. Manchmal zusätzlich durch einen kurzen Hupton.
So praktisch, so unsicher. Den Dieben gelingt, was die Zulieferer der Systeme jedenfalls offiziell bislang für unmöglich gehalten haben: Sie hacken sich in die Frequenz zwischen Schlüssel und Auto und verlängern deren Funkwellen. Es wird also nicht etwa die Frequenz gehackt, sondern das Signal verlängert. So glauben die Antennen im Auto, der Schlüssel sei an Bord. Deswegen blockiert die Wegfahrsperre nicht, und auch die Alarmanlage schlägt nicht an, registrieren beide Sicherheitssysteme doch den rechtmäßigen Schlüssel.
Die kryptologischen Verschlüsselungsverfahren werden außer Kraft gesetzt. Wie das funktioniert und wer welche Keyless-Go-Systeme herstellt, darüber hüllt sich die Branche in Schweigen. Sagen wir nicht, kein Kommentar, ist uns zu sensibel, lauten unisono die Antworten aus der Automobilbranche. Continental, Delphi, Lear, Siemens, Hella und Bosch heißen wohl die großen Adressen, hinzu kommen einige regionale Hersteller. Offiziell möchte keiner von ihnen reden, inoffiziell ist dann doch einiges in Erfahrung zu bringen.