Trend in der Autoindustrie : Die Hybridwelle rollt an
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BMW i8: Die derzeit spektakulärste Art, Hybrid mit Steckdose zu fahren. Schafft 19 Kilometer elektrisch, für Power sorgt ein aufgeladener Dreizylinder im Heck. Recht kostspieliger Spaß: 130.000 Euro wären anzulegen. Bild: Hersteller
So viel Stromautos gab es noch nie. Die deutschen Premiumhersteller VW, Porsche, Audi, BMW und Daimler bauen Hybridmodelle in Serie - sie haben keine andere Wahl.
Zehn Prozent. Ungefähr 10 Prozent, antworten die Automobilhersteller auf die Frage, welchen Anteil Plug-In-Hybride am Gesamtabsatz einer Modellreihe haben werden. Doch hinter den Kulissen wird längst mehr Strom gegeben. Es scheint, als gehöre der Kombination aus Verbrennungsmotor und Elektromaschine eine größere Zukunft als bislang angenommen. Den Unterschied macht die Steckdose. Die meisten der bisherigen Hybridfahrzeuge haben eine Elektromaschine an Bord, deren Akku über den Verbrennungsmotor aufgeladen wird. Die damit möglichen Vorteile sind gering, rein elektrische Fahrten enden meist schon nach 2 oder 3 Kilometern. Dafür werden Nachteile erkauft - geringeres Platzangebot, höheres Gewicht, zusätzliche Kosten.
Mit den Plug-In-Hybrid genannten Steckdosen-Modellen sieht die Welt anders aus. Sie führen große Batterien mit sich, die über Schnellladeeinrichtungen (Wall-Box) oder auch an den meisten gewöhnlichen Haushaltssteckdosen recht rasch aufgeladen werden können. Die Kosten sind auch hier hoch, aber der Kundennutzen ist bemerkenswert. Etwa 20 bis 30 Kilometer rein elektrisches Fahren sind schon heute möglich. Der spektakuläre Sportwagen BMW i8 kam gerade im Test auf 19 Kilometer im Alltag. Porsche erreicht mit seinem schon erhältlichen Sportwagen Panamera je nach Leistungsabforderung 18 bis 36 Kilometer, und auch der jetzt auf der Messe in Paris neu vorgestellte Geländewagen Cayenne erreicht als Plug-In-Hybrid diese elektrische Reichweite. Freilich sind die Höchstgeschwindigkeiten unter Strom begrenzt. In der Regel sind maximal 120 km/h drin, wenn es schneller wird, meldet sich der Benziner zum Dienst.
Freiwillig begibt sich die Autoindustrie nicht auf den Elektropfad. Strenge europäische Klimaschutznormen zwingen sie zum Handeln. In den Jahren von 2015 bis 2020 soll der Grenzwert für Neuwagen im Durchschnitt von 130 Gramm auf 95 Gramm je Kilometer gesenkt werden. Genau so viel Gramm klimaschädliches Kohlendioxid pro gefahrenen Kilometer dürfen die Autoflotten der europäischen Hersteller dann noch ausstoßen. Dazu hatte sich die Industrie nach langen Verhandlungen verpflichtet. Ganz geheuer scheint es so manchem Automanager nicht zu sein. Martin Winterkorn, der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, sieht eine zu schnelle Verschärfung der CO2-Grenzen kritisch. Ihm wäre lieber, die Werte für das nächste Jahrzehnt erst in zwei bis drei Jahren festzulegen, wenn klarer ist, wie es mit der Elektromobilität weitergeht.
An der Elektrifizierung führt kein Weg vorbei
Welche Dynamik in den Markt kommen wird, zeigt ein Blick in die Entwicklungsabteilungen. Das Lastenheft ist mit Blick auf die strengen EU-Vorgaben für all jene Hersteller eine besondere Herausforderung, die PS-starke Limousinen und Geländewagen bauen. BMW-Entwicklungschef Herbert Diess formuliert es so: „Unsere Aufgabe ist es, die Fahrzeuge immer umwelt- und sozialverträglicher zu machen.“ An der Elektrifizierung der BMW-Flotte führt kein Weg vorbei. Deshalb investiert der Konzern jetzt einen hohen zweistelligen Millionenbetrag, um in seiner Fabrik in Dingolfing zwei neue Fertigungslinien für Hochvoltspeicher und Elektromotoren in Betrieb zu nehmen. Noch in diesem Jahr wird der Konzern 30 Mitarbeiter dort einstellen, bis zu 200 können es werden, wenn die neue Produktion voll ausgelastet ist. Dingolfing soll zum Kompetenzzentrum für die Elektroantriebsfertigung werden. Und der Elektroantrieb soll die BMW-Flotte nach vorn bringen. „Das Ziel ist, langfristig möglichst mit jeder Baureihe ein Hybridmodell anzubieten“, sagt ein Unternehmenssprecher. In Paris zeigt BMW den neuen Geländesportwagen X6, der es mit seinem 4,4 Liter großen V8-Benzin-Motor auf 450 PS bringt, 43 PS mehr als der Vorgänger. Immerhin soll der Durchschnittsverbrauch um 22 Prozent niedriger sein - noch ohne Stecker, nur dank diverser Aerodynamik-Verbesserungen und Gewichtsreduzierung.