Land Rover Defender : Geliebte Rostlaube
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Ein Schnäppchen: Defender Baujahr 1985 mit nur 400.000 Kilometern Laufleistung, Preis noch nicht einmal fünfstellig. Bild: Patricia Kühfuss
Der Land Rover Defender ist der Freund der Bastler und Schrauber. Nachdem die letzten neuen Exemplare verkauft sind, erklimmen die Preise schreckliche Höhen.
Was bringt den Besitzer eines Land Rover Defender wohl dazu, sich in den einschlägigen Foren Namen wie „Defekter“ oder „Triefender“ zuzulegen? Es muss mit dem Hang zur Selbstironie zu tun haben, ohne die man mit solch einem englischen Auto nicht glücklich werden kann. Früher wurden Witze gerissen, auf der Fähre von Tanger nach Hause erzählten sich die Fahrer der Toyota, was sie in Afrika gesehen, und die der Rover, was sie repariert hätten. Heute gilt das nicht mehr – seitdem die Autos mit Elektronik vollgestopft sind, traut sich auch kaum noch jemand mit einem Toyota allein in die Wüste. Bestand hat aber die Weisheit, dass ein Defender selbst in seiner jüngsten Generation und nach fast sieben Jahrzehnten Bauzeit immer noch ist wie eine Banane: Er reift beim Kunden.

Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.
Das muss wissen, wer sich einen zulegen will. Zum Beispiel gibt es ein Wasserhandbuch. Da geht es nicht etwa darum, den Defender schwimmfähig zu machen – es handelt vom Abdichten der lecken Stellen. Wobei die Pfützen im Innern nicht gar so schlimm sind, denn nach unten ist er auch nicht dicht. Die zahlreichen Macken sind indes nicht der Grund, warum das Traditionsmodell eingestellt worden ist, vielmehr hat der indische Besitzer Tata offenbar keine Lust, ihn weiterzuentwickeln. Die meisten Leute finden die Unzulänglichkeiten skurril, manche haarsträubend. Defenderisten finden sie liebenswert und freuen sich, dass es an ihrem Auto so viel zu verbessern gibt.
Seit Generationen unverändert
Die letzten angebotenen Exemplare werden gerade den Händlern trotz fünfstelliger Aufschläge auf den Listenpreis vom Hof gezerrt – wir fuhren zuletzt den kurzen Defender 90 mit drei Türen in der besonders gefragten Sonderausführung Heritage in traditionellem Grün, der lange (Typenbezeichnung 110) hat fünf. Diese Sonderangebote unterschieden sich kaum von den älteren Versionen. Nun gut, gegenüber unserem sechs Jahre alten privaten Defender 90 läuft der aktuelle etwas ruhiger, auch wenn er immer noch stets zum Gotterbarmen nagelt. Er hat jetzt notgedrungen ein für dieses Fahrzeug ganz überflüssiges ESP und verbraucht zwei Liter mehr (ein Teil davon ist den groben Matschreifen geschuldet, der andere dem Partikelfilter). Man sitzt immer noch unmöglich, und die Spaltmaße lassen sich in Zentimetern messen. Kein Airbag, dürftige Bremsen. Aber er hat eine elektrisch beheizbare Frontscheibe, die wir auch anderen Autos wünschen. Von Motor und Getriebe abgesehen, ist das meiste seit Generationen unverändert.
Davon lebt eine ganze Zubehörindustrie, denn baugleiche Teile und dringender Bedarf bedeuten große Stückzahlen. So gibt es verbesserte Türdichtungen gegen Wasser und Staub, allerdings sind sie fast immer vergriffen. Überhaupt ist das Schöne am Defender, dass ein halbwegs begabter Bastler viel selbst machen kann. Wer nicht zu dick ist, kommt sogar unter das Auto, ohne es hochzubocken. An der langen Liste von HD-Teilen (steht für verstärkte Ausführung) lässt sich zugleich ablesen, was gern kaputt geht. Zum Beispiel nervt der Defender mit furchterregendem Spiel im Antriebsstrang. Das ist, wie vieles an diesem Auto, höchst individuell.
Fast ein Dutzend von uns in jüngster Zeit gefahrene Exemplare hatten es mal mehr, mal weniger. Mit der Zeit wird es schlimmer, weil plötzlich auftretende Kräfte den Verschleiß fördern. Aber der Fahrer gewöhnt sich daran und passt sich an. Wer wissen will, wie’s richtig gemacht wird, schaut der Queen auf Youtube über die Schulter: Anfahren – warten – Gang wechseln – warten – einkuppeln – warten. Dann vorsichtig Gas geben. Das ist ein guter Grund, ihn ins Herz zu schließen, kein anderes Vehikel entschleunigt so schön. Wir steigen ein und sind die Ruhe selbst. Das ist aktive Sicherheit. Wer es eilig hat, sitzt im falschen Auto.