Fahrbericht Ferrari Roma : Classico Italiano
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Ferrari Roma GT Bild: Helge Jepsen
Die italienische Sportwagenschmiede begibt sich auf das Terrain von Aston Martin. Der Roma ist ein eleganter GT mit beachtlichen inneren Werten. Und sogar bisschen praktisch.
Das quälend langsam beginnende Jahr 2021 wird ein rasend flinkes SUV sehen. Das erste von Ferrari, Purosangue soll es heißen. Wer sich das in seinen Träumen nicht ausmalen möchte, blicke auf die Erfolge von Porsche über Lamborghini bis Aston Martin. So fürchten wir mit Vorfreude, dass auch wir das italienische Vollblut mögen werden. Für Ferrari steht nichts weniger als ein Mythos auf dem Spiel. Der ist angekratzt durch die Misserfolge in der Formel 1, wo Piloten der roten Renner aus Maranello die siegreiche Überquerung der Ziellinie nur noch aus Erzählung kennen, die Auspuffe des Mercedes-Boliden dafür umso besser.

Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Technik und Motor“.
Und doch gibt es keine größere Faszination, während unserer Testfahrten an zahlreichen Reaktionen abzulesen. Die schönste: Aus der Autobahnauffahrt überholen wir mit der Anmut des mühelos galoppierenden Rennpferds einen 7,5-Tonner-Lastwagen. Der Fahrer streckt den Daumen aus dem Fenster und hupt eine Fanfare.
Der Testwagen ist himmelblau. Ein GT. Also weder markentypisch rot noch ein Supersportler auf letzter Rille. Er greift historische Wurzeln auf und zeigt zugleich, dass Ferrari nicht nur auf ein Pferd setzt. So wie das SUV eine neue Käuferschicht erschließen soll, so sprechen GT ihre Kundschaft an. Ferrari hätte Bezeichnungen parat gehabt, Mondial oder Portofino Coupé vielleicht, entschied sich aber für die ewige Stadt. So schwingt zum hinreißenden Klang des V8 das Wort Roma mit, es hallt über die Pflastersteine am Colosseo, und die Erinnerung an die lustvolle Hitze der römischen Nacht füllt Sehnsüchte nach Reisen ohne Grenzen.
Dem Roma nähert sich der Ästhet von hinten. Das Heck mit den schmalsten LED-Leuchten seit Erfindung der Spaghetti ist ein Genuss, clean, erotisch. Auge und Hand möchten nicht mehr von ihm lassen. Der unsichtbar eingelassene Spoiler stellt sich bei höherer Geschwindigkeit in den Wind, auf dass die flinke Gesellschaft keine mit beschränkter Haftung werde. Vier Endrohre markieren den espressostarken Abschluss. Die Front ist eher Liebe auf den zweiten Blick, etwas unbeholfen grüßt der Haifisch. Auf der Straße wirkt das Gesicht passender als auf Fotos, und der dezente Gesamtauftritt bleibt ein Fest für die Sinne.
Im stilsicher ausgelegten und herrlich duftenden Innenraum machen die Italiener gerade so weiter. Und sie spielen einen Trumpf aus. Während im Lamborghini Audi sichtbar ist und im Aston Martin Mercedes-Benz, ist Ferrari Ferrari. Mit an Übermut grenzender Verve stürzen sie sich in digitale Instrumente samt zweitem Bildschirmchen für den Beifahrer. Pilot und Copilot trennt eine hohe Mittelkonsole, in der die Schaltzentrale ebenso eingelassen ist wie eine Art iPad-Mini zur Steuerung des Binnenklimas. Bis auf die ins Gesicht pustende mittlere Düse ist alles durchdacht. Der Hauptbildschirm ist Tacho und Drehzahlmesser und Navigation in einem und noch vieles mehr. Auch die wegen der miserablen Sicht nach hinten unerlässliche Rückfahrkamera zeigt hier ihre Bilder an. Die Informationen sind derart zahlreich, dass wir den Versuch aufgegeben haben, alle zu erfassen. Auf die Spracherkennung auszuweichen ist keine Lösung. Sie begreift keine lebende Sprache und springt oft wirr fragend unvermittelt an, als habe sie einen Averna zu viel getrunken.