Fahrtbericht BMW 535i : . . . und dann meldet sich der Bayern-Blues
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Bild: F.A.Z., Hersteller
Der neue Fünfer ist fast wie ein Siebener. Wer nicht auf das Prestige achtet, ist mit dem stärksten Reihensechser gut bedient und hat neben einem kräftigen Motor auch viel Platz im Innenraum. Doch um sparsam zu fahren, ist viel Demut nötig.
Der neue Fünfer ist da: Aber noch ist er im Straßenverkehr eine eher seltene Erscheinung. Und wer ihn entdeckt, der ist erstaunt über Wucht und Größe und lobt BMW für die Entscheidung, in der gehobenen Mittelklasse so aufzutrumpfen. Meist hat man dann den neuen Siebener gesehen, der schon länger auf dem Markt ist. Das zeigt zweierlei: Der neue Fünfer ist ein deftiges Pfund, und BMW muss wieder stärker auf die Unterschiede zwischen seinen Modellreihen achten.
Gleichzeitig wird deutlich, dass der neue Fünfer sehr nahe an den Siebener gerückt ist. Womöglich mehr, als den Modellstrategen recht ist. Denn die immerhin auf eine Länge von 4,90 Meter gewachsene Business-Limousine setzt für ihre Klasse in fast allen Kriterien die Maßstäbe. Der neue Fünfer ist (natürlich) nicht nur besser als der alte Fünfer (im Bangle-Kampfanzug), seine Qualitäten reichen weit in die Oberklasse hinein. Der Fünfer ist mehr denn je die kompaktere Alternative zum Siebener.
Motor
Vor allem dann, wenn man zu den kräftiger motorisierten Versionen greift. Dabei ist man mit keinem Fünfer untermotorisiert. Sogar der einzige Vierzylinder kann überzeugen, vor allem im Verbrauch.
Der 520d mit zwei Liter Hubraum und 135 kW (184 PS) und 380 Nm kommt nach Norm auf fünf Liter und kostet als einziger Fünfer weniger als 40 000 Euro, er liegt 50 Euro darunter, was eine schöne Geste bayerischer Ironie ist. Sparsame Menschen werden hier einsteigen.
BMW setzt die modernste Dieseltechnik ein, aber auch die Otto-Reihensechszylinder definieren den Stand der Technik. Drei Hightech-Sechser gibt es, mit direkter Benzineinspritzung und allen Segnungen der hauseigenen Efficient-Dynamic-Strategie. Hier zieht BMW sämtliche Register zur Eindämmung des Verbrauchs. Weil man auch ernste Arbeit am kleinsten Detail nicht scheute, wurden die Sparmaßnahmen zum großen Wurf: ohne Verluste bei Leistung und Agilität.
Das gilt besonders für den stärksten Reihensechser, den wir jetzt im 535i gefahren haben. Die mit einem einzigen Turbolader (der aber über zwei Leitungen jeweils drei Brennräume bedient) und ohne Drosselklappe (möglich durch Valvetronic) arbeitende Maschine ist nicht auf Höchstleistung, sondern auf bestmögliches Drehmoment getrimmt worden.
Sounddesign
Wobei sie keineswegs mit behäbigem Charakter aufwartet. Nach dem Druck auf die sanft federnde Starttaste springt sie mit jugendlicher Lebendigkeit an und läuft sofort mit ganz milden Vibrationen und einem Vibrato, das wie ein Versprechen klingt, sauber rund, und nimmt ohne Zögern das Gas an. Wer nun nach kalter Nacht mit verhaltenen Drehzahlen startet, der macht nichts falsch. Dann hat sich nach drei bis fünf Kilometern das Kühlmittel erwärmt, und nun kann es wirklich losgehen.
Der Innenraum wird zum Musiksaal, der Bayern-Blues geht ab, und die Töne aus der Kehle von Willi Michel, der indianischste Bayer, den es überhaupt gibt, müssen Vorbild gewesen sein für die Sound-Techniker. Die einstige Turbinen-Charakteristik der kleineren Reihensechser mit ihrer herrlichen, aber unter 4000/min kraftlosen Geschmeidigkeit, hat der Direkteinspritzer jedoch abgelegt.
Automatik
Zuvor hat man sich mit dem übertrieben aufwendig gestylten Wählhebel der Automatik darauf geeinigt, dem mit acht Vorwärtsgängen operierenden Getriebe jegliche Arbeit zu überlassen. Man könnte auch manuell auf kurzen Wegen dieses Zepter des Fahrens in einer separaten Gasse bewegen oder über löffelähnliche Hebel am Volant die Gänge wechseln.
Aber die in Kooperation mit ZF entstandene Automatik macht ihre Sache meistens prima. Unter Teillast winkt sie die höheren Gänge mit ausgesprochener Höflichkeit und beinahe unmerklich herein, sie schaltet auf Gaspedalbefehl knapp herunter und demütig hinauf, und sie lässt die Maschine mit ihren heiseren Tönen der Sehnsucht nach einem Königreich, das nie mehr wird, ihre Pirouetten drehen oder sanft wie ein großes Tier schieben und ziehen, dass es eine Pracht ist.