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Dick heißt nicht durstig : Lastwagen verbrauchen relativ wenig Diesel

Aufgefahren zur ETC 2016: Scania, Mercedes-Benz, MAN und Iveco Bild: Stefan Simonsen

Es ist und bleibt erstaunlich, wie effizient Lastwagen relativ gesehen sind: Sie brauchen weniger als einen Liter Diesel, um eine Tonne zu bewegen. Ein paar Beispiele.

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          Noch viel mehr als beim Auto kommt es bei einem Lastwagen auf den Verbrauch an. Jeder Liter zu viel geht vom Gewinn des Spediteurs ab, schließlich entfällt auf die Kraftstoffkosten mehr als die Hälfte des Aufwands beim Einsatz eines Sattelzugs. Kostenbewusste Unternehmer lassen ihre Fahrer heute langsamer fahren.

          Boris Schmidt
          Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.

          Deshalb war die Marschgeschwindigkeit für die verbrauchsorientierte sechste „European Truck Challenge“ (ETC) in diesem Jahr erstmals auf exakt 80 km/h festgelegt, mit Abweichungen nach oben und unten, bedingt durch die hügelige Teststrecke auf der A7 von Northeim-Nord bis Lutterberg und zurück.

          Die veranstaltenden Fachzeitschriften, die „Deutsche Verkehrs-Zeitung“ (DVZ) und der „Kfz-Anzeiger“, hatten die Leistungsklasse um die 500 PS bei rund 2500 Newtonmeter Drehmoment im Blick. Vier Hersteller stellten sich der Herausforderung, Iveco, MAN, Mercedes-Benz und Scania. Gefahren wurde mit voll beladenen Aufliegern von Krone, die Bereifung stellte Goodyear. Jeder der Fahrer (vier Fachjournalisten) nahm immer „seinen“ Anhänger mit, so dass jedes Fahrzeug einmal mit jedem Anhänger und jedem Fahrer unterwegs war.

          Je größer, desto höher der Wirkungsgrad

          Schaut man nur auf den Kraftstoffverbrauch, trug der Scania R 500 mit im Schnitt 31,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer den Sieg davon. Zweiter wurde der Mercedes-Benz Actros 1848 mit 31,9 Liter vor dem Iveco Stralis 570 und dem MAN TGX 18.500, die beide auf 34,3 Liter kamen. Bezieht man Adblue in die Rechnung ein, liegt der Actros mit 33,6 Liter Gesamtverbrauch vor dem Scania mit 34,2 Liter. Adblue ist zur Säuberung der Abgase nötig und wird in den Abgaskanal eingespritzt. Weil der Liter Adblue deutlich günstiger als Diesel ist, liegt bei den Betriebsmittelkosten der Scania faktisch gleichauf mit dem Actros.

          Wie dem auch sei, es ist und bleibt erstaunlich, wie effizient Lastwagen relativ gesehen sind: Sie brauchen weniger als einen Liter Diesel, um eine Tonne zu bewegen. Das hat mehrere Gründe. Ein wichtiger Aspekt ist nach Angaben von Matthias Lichter, leitender Mercedes-Benz-Ingenieur, der höhere Wirkungsgrad der Motoren. Je größer ein Dieselmotor sei, desto höher werde sein Wirkungsgrad. Die vier Teilnehmer hatten allesamt Motoren mit etwa 13 Liter Hubraum, Reihensechszylinder ohne Ausnahme. Mit steigendem Volumen (hier gut 2,2 Liter je Zylinder) gebe es weniger Wärmeverluste, weil das Verhältnis Hubraumvolumen zu Zylinderwandfläche immer günstiger werde, sagte Lichter.

          Wesentliche Rolle spielt moderne Einspritztechnik

          Außerdem laufen die Motoren generell mit niedrigen Drehzahlen, daraus ergeben sich weniger mechanische Verluste. Ein moderner Lastwagenmotor hat somit im Idealfall einen Wirkungsgrad von bis zu 45 Prozent, Automotoren kommen Lichter zufolge nur auf rund 35 Prozent. Noch effektiver arbeiteten die riesigen Schiffsdiesel, hier belaufe sich der Wirkungsgrad auf mehr als 50 Prozent. Eine wesentliche Rolle spiele zudem die moderne Einspritztechnik. Vor 40 Jahren habe man den Diesel mit nur 180 bar eingespritzt, mechanisch primitiv geregelt und mit Zwei-Loch-Düsen. Heute mache man das mit 2700 bar und viel feiner verteilt durch Acht-Loch-Düsen, mit höchster Präzision und elektronischer Kennfeldsteuerung zum optimalen Einspritzzeitpunkt. Der Kraftstoff verbrenne wesentlich effizienter. So komme man jetzt auf 35 Liter statt auf rund 50 Liter auf 100 Kilometer, die noch Mitte der siebziger Jahre üblich gewesen seien. Und wenn man auf flacher Autobahn unterwegs sei, bleibe ein moderner 40-Tonner deutlich unter der 25-Liter-Marke.

          Schließlich falle der Vergleich mit dem Auto auch deshalb so deutlich aus, weil die 40-Tonnen-Lastwagen in Relation zu den rund 1,5 Tonnen eines Autos mit weniger Luftwiderstand zu kämpfen hätten. Dazu sei ein Automotor im Verhältnis zum Fahrzeuggewicht viel stärker als ein Lastwagenmotor. Lichter: „Im Auto bin ich heutzutage mit zirka 100 PS je Tonne Fahrzeuggewicht unterwegs, bei einem 40-Tonner mit 440 PS sind es nur elf PS je Tonne. Auch dieser Luxus kostet Sprit, und das nicht zu knapp.“

          Großer Reifendurchmesser und hoher Reifendruck

          Und beim Rollwiderstand der Reifen ergebe sich rechnerisch ebenfalls ein Vorteil. Lastwagenreifen werden mit acht bis neun bar gefahren, Personenwagenreifen mit 2,0 bis 2,5 bar. Der große Reifendurchmesser und der hohe Reifendruck senkten den Rollwiderstand.

          Ein weiterer Faktor sei schließlich die geringere gefahrene Geschwindigkeit. Offiziell seien nur maximal 80 km/h erlaubt, und das Tempo werde zudem bei knapp 90 km/h abgeriegelt. Die Polizei toleriere im allgemeinen Geschwindigkeiten bis 88 km/h. Ohne die vorgeschriebene „Bremse“ liefen Lastwagen mitsamt einem beladenen Auflieger in der Ebene rund 120 km/h.

          Einen rein elektrischen Fernverkehrs-Truck sieht Mercedes-Mann Lichter noch in sehr weiter Ferne. Auch der Truck 2030 wird wohl Diesel verfeuern. Andererseits gehe ein Elektromotor wesentlich effizienter mit der Energie um. Er verwandelt zirka 95 Prozent der Energie in Vortrieb. Außerdem könne der Elektromotor beim Bremsen als Generator wirken und so einen Teil der Energie wieder zurückgewinnen. Dazu produziert er keine Abgase und so gut wie keinen Lärm, der Motor laufe quasi wartungsfrei. Dies mache den Elektromotor zum idealen Motor für den Stadt- und Nahverkehr. Wann die ersten elektrischen Fernverkehrs-Lastwagen über die Autobahnen rollen, werde in erster Linie von den Fortschritten in der Batterietechnik abhängen.

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