BMW K 1600 GTL : Der Teufel fährt Prada
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Geradeaus: Das kann ja jeder. Aber es geht im Leben auch mit einer BMW K 1600 GTL nicht immer nur geradeaus. Bild: Hersteller
Vom Missbrauch einer BMW und dem Ärger, der folgte. Eine unbeabsichtigte Sonderprüfung mit Deutschlands gemütlichstem Motorrad.
Es fehlte nicht viel, und sie hätten sich gegenseitig umarmt und abgeknutscht, die dicke GTL und ihr Fahrer. Vor Erleichterung. Heil oben angekommen nach einem Abenteuer, das darin bestand, eine Straße hinter sich zu bringen, die ein asphaltierter Maultierpfad war und sich korkenzieherartig den Hang hochschraubte. Bei der Routenplanung war unterschätzt worden, was das wirre Geschlängel auf der Landkarte in der Realität der Bergflanke bedeuten würde.
Die K 1600 GTL ist kein Gebirgsjäger, sondern Deutschlands gemütlichstes Motorrad. Masse in fürstlichen Formen, Prunk und Pracht, purer Luxus. Sie umsorgt ihre Besatzung mit allem, was man sich vorstellen kann, abgesehen vom Bürgergeld. Mit so etwas rollt man entspannt durch die Weite und meidet den Stress löchriger Maultierpfade.
Serpentinen bringen Spaß
Die Spitzkehren waren wirklich spitz, steil und schmal. Nach den ersten fünf oder sechs davon stand fest, dass Umkehren keine Option war. Zu groß die Gefahr des Umfallens beim Wenden. Also weiter, erster Gang, Gas gegen Fußbremse und dazu die Schande der schleifenden Kupplung.
Der Treibstofftank der GTL mit einem Fassungsvermögen von 26,5 Liter ermöglicht einen Transfer München–Gardasee in einem Rutsch. Dummerweise war er an diesem Abend randvoll, brachte also das maximal mögliche Gewicht zur Geltung. Hochschwer, wie der Kanzler sagen würde. Die geballte Korpulenz von 360 Kilogramm plus 80-Kilo-Fahrer mühte sich bergan, zuzüglich Proviant für ein Picknick mit schöner Aussicht auf den See. Es bestand im Wesentlichen aus Weißbrot, Gorgonzola und Tomaten, obschon die riesigen Stauräume der BMW Kapazitäten für ein Festmahl geboten hätten.
Eine Straße mit solchen Serpentinen kann ein Spaß sein mit einer drahtigen, leichten Maschine, nicht aber mit dem bajuwarischen Langstreckenbrummer. Sie führte vom Ufer des Lago di Garda hinauf zur Ortschaft Prada, deren Name hohe Erwartungen geweckt hatte, die sich aber als schmucklose Anhäufung von Behausungen erweisen sollte. Zu erwähnen ist noch, dass sich auf dem Rücksitz eine Sozia befand.
Die hatte bis zu dieser idyllisch angedachten Fahrt bei Sonnenuntergang stets den unübertroffenen Komfort ihres Polstermöbels gelobt. Jetzt nicht. Während ihr Fahrer schwitzte, schwieg sie eisig in einer Starre des Entsetzens. Dass es später eine Standpauke geben würde, war klar. Summa summarum eine halbe Tonne auf zwei Rädern und 20 Serpentinen. In jeder einzelnen davon fühlten wir uns wie ein Pottwal, von dem verlangt wird, durch den Reifen eines Dompteurs zu springen.
Durchzugskraft ohne Ende
Ein Gutes hatte diese Fahrt. Was sich auf vielen Kilometern mit früheren K-1600-Modellen schon abgezeichnet hatte, trat nun deutlich wie nie zutage: der Sechsfach-Wumms. Durchzugskraft ohne Ende, seidenweiche Elastizität und Laufkultur mit Bügelfalte machen den besonderen Charakter des Sechszylindermotors aus. Ohne die Contenance zu verlieren, ließ sich das 1649-Kubik-Aggregat in tiefste Regionen der Kurbelwellenaktivitäten zwingen, wo Drehzahlen nur noch vereinzelt anzutreffen waren. Gewissermaßen unabwürgbar und dadurch Retter in der Not.
Mit dem Dreifachen des olafschen Wummses untermauerte der Reihensechszylinder seine Ausnahmestellung, schob mit Boostersound von unten heraus, klang wie ein Rennmotor, wenn er auf Touren kam, wurde bissig, wenn er aufgefordert wurde, die Drehzahlmitte hinter sich zu lassen. Bis zu 180 Newtonmeter Drehmoment generiert der Motor, 160 PS bei 6750/min beträgt seine Nennleistung. Sparsam ist er nicht. Über zwei Wochen hinweg verbrauchten wir 5,8 bis 6,3 Liter auf 100 Kilometer – mit ausgesprochen moderater Fahrweise, aus Rücksicht auf Tempolimits und die Sozia gleichermaßen.