https://www.faz.net/aktuell/technik-motor/motor/75-jahre-velo-solex-fahrrad-mit-hilfsmotor-erobert-die-herzen-17607952.html

75 Jahre Velo-Solex : Einfach liebenswert

  • -Aktualisiert am

Die Leichtigkeit des Seins: 2005 auf einem Paraglider-Festival im französischen Lumbin im Département Isère. Bild: Action Press

Die Velo-Solex ist das Fahrrad mit Hilfsmotor schlechthin und eine Entdeckung der Langsamkeit. Gute Exemplare kosten heute 600 Euro.

          4 Min.

          Vor 75 Jahren bahnte sich eine mobile Sensation an: Die ersten Vélo-Solex kamen im Herbst 1946 auf den französischen Markt. Der Prototyp war zwar schon 1940 entstanden, kriegsbedingt dauerte es aber noch sechs Jahre bis zu den ersten Serienexemplaren. Von 1947 an nahm die Produktion dann immer mehr Fahrt auf. Das Vélo-Solex kann als das Zweirad-Pendant zum Renault R4 oder Citroën 2CV bezeichnet werden: klein, preiswert, schwach motorisiert, aber genügsam im Unterhalt und in riesigen Stückzahlen über einen sehr langen Zeitraum gebaut. Das minimalistische Zweirad erobert bis heute die Herzen. Prominente wie Jacques Tati, Brigitte Bardot und Steve McQueen ließen sich nicht nur auf dem Vélo-Solex ablichten, sondern fuhren es auch.

          Den Grundstein für diesen Erfolg hatten zwei Franzosen schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelegt, indem sie ein Automobilzulieferer-Unternehmen mit Namen Solex gründeten. Dort wurden Kühler und Vergaser für Autos gebaut. 1940 entstand ein erster Zweitaktmotor, damals noch mit winzigen 38 Kubikzentimeter Hubraum. Er wurde versuchsweise über dem Vorderreifen an ein Herrenrad montiert, und so wurden erste Fahrversuche unternommen. In den nächsten fünf Jahren verfeinerten die Entwickler den Antrieb samt Fahrradrahmen immer mehr, sodass 1946 die Serienproduktion im französischen Courbevoie beginnen konnte. Drei Jahre zuvor hatte der französische Staat eigens eine neue Fahrzeugklasse „Fahrrad mit Reservemotor“ offiziell eingeführt. Von Beginn an war das Vélo-Solex ein Riesenerfolg, zunächst mit einigen tausend gebauten Exemplaren im Jahr, von 1953 an wurden jedes Jahr mehr als 100 000 Stück produziert.

          Im Laufe der Zeit wurde eine Fliehkraftkupplung installiert, um das Anhalten einfacher zu machen und nicht jedes Mal den Motor abwürgen zu müssen. Ähnlich wie bei Henry Fords T-Modell war das Vélo-Solex bis weit in die 1960er-Jahre nur in Schwarz zu bekommen. Bunte Farben wurden in der Solex-Welt parallel zur Hippie-Bewegung erst ab 1968 angeboten. Auch eine Version mit kleineren Rädern, das Modell 5000, entstand in dieser Zeit und sollte vor allem weibliche Käufer anlocken. Etwa sechs Millionen liefen beim französischen Vergaserhersteller Solex-Sinfac zwischen 1946 und 1988 vom Band. Selbst nach der Produktionseinstellung in Frankreich setzte das Solex seinen Siegeszug fort. Es wurde in Ungarn noch bis 2002 in Lizenz gebaut.

          Nicht alle Vélo-Solex waren schwarz: Kräftige Farben kamen spät. Dieses Modell hat kleinere Räder, damit sollten insbesondere Frauen angesprochen werden. Bilderstrecke
          75 Jahre : Velo-Solex

          Heute gibt es ähnliche Zweiräder wieder neu, allerdings montiert mit Teilen aus chinesischer Produktion oder sogar als elektrische Version. Die ist ein glatter Etikettenschwindel, weil der Motor nicht mehr über dem Vorderrad, sondern in der Hinterradnabe sitzt.

          In den gut 40 Jahren Produktionszeit des echten Vélo-Solex verdoppelte sich die Leistung nahezu, wenngleich die absoluten Zahlen winzig blieben: 0,4 PS am Anfang und 0,7 PS am Schluss der Produktion brachte der 47 Kubikzentimer große Zweitakter. Die Leistungsangabe von „1 kW“, also 1,36 PS, in der Betriebserlaubnis ist immer eine maßlose Übertreibung.

          Weitere Themen

          Baustopp, jetzt!

          FAZ Plus Artikel: Erweiterung des Kanzleramts : Baustopp, jetzt!

          Die Regierung will das Klima schützen. Und setzt mit dem Erweiterungsbau des Kanzleramts ein Zeichen dafür, dass ihr die eigenen Ziele egal sind. Der Bau wird nicht nur zu protzig und zu teuer – er wird auch eine schwere Klimasünde.

          Topmeldungen

          München: Dichter Verkehr schiebt sich im Januar in den Tunnel Heckenstallerstraße.

          Verbrenner-Streit beigelegt : Der weite Weg zum Verbrenner-Aus-Aus

          Zu den Details der Einigung im Streit um das Verbrennerverbot 2035 halten sich EU-Kommission und Verkehrsminister Wissing bedeckt. Klar ist aber: Wissing und die Fans des Verbrenners haben noch einen weiten Weg vor sich.
          Finale Kundgebung: Bis in den Samstagabend hinein wird vor dem Brandenburger Tor noch für den Klimaentscheid demonstriert.

          Klimaneutral 2030 : Ein Berliner Volksentscheid fordert das Unmögliche

          Ein Bündnis will Berlin schon 2030 statt 2045 klimaneutral machen. Am Sonntag könnte es gelingen, das per Volksentscheid Gesetz werden zu lassen. Fachleute halten das Vorhaben für völlig unrealistisch.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.