
Schlusslicht : Intelligent im Eiltempo
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Bild: Gerd Altmann, Pixabay
Amerika geht in Siebenmeilenstiefeln voran, Europa will bremsen und regulieren: Wenn es um Künstliche Intelligenz geht, haben hierzulande die Bedenkenträger das Sagen.
So viel Disruption war noch nie. Die Ereignisse überschlagen sich geradezu im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Open AI startet die vierte Generation von ChatGPT, die mit neuen Fähigkeiten gerüstet ist. Microsoft und Google wollen KI in ihre Software einbauen. Der „Copilot“ zieht in Outlook und Word ein, so dass man mit nur einem einzigen Kommando komplexe Aufgaben auf den Weg bringt, weil sich die KI die erforderlichen Informationen selbst aus dem Kalender, den E-Mails und Microsoft Teams holt. Der Bildgenerator Midjourney, hier vor einer Woche vorgestellt, ist ebenfalls in einer verbesserten Version verfügbar. Sie macht es noch schwerer, künstliche von echten Bildern zu unterscheiden. Nuance, der Spracherkennungsspezialist, bringt die Disruption ins Krankenhaus: Dragon Ambient Experience Express übernimmt automatisch die schriftliche Dokumentation, nachdem der Arzt ein Patientengespräch geführt hat.
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Die machen es einfach, die packen an, schieben Einwände zur Seite und gehen auch mit unfertiger Software in den Markt, um das Potential und die Chancen zu zeigen: Amerikanische und einige asiatische Unternehmen legen bei der Entwicklung von KI-Systemen geradezu ein Raketentempo an den Tag. Wie sieht es demgegenüber in Europa aus? Einige Meldungen der letzten Tage zeigen, wohin die Reise hierzulande geht: Der Deutsche Ethikrat sprach sich am Montag für strikte Begrenzungen bei der Verwendung Künstlicher Intelligenz aus. Stoppworte prägen den Bericht des Rates: Diskriminierung, Einspruchsrechte, intensive Datennutzung, überhandnehmende Überwachung in Echtzeit, automatisierte Vorverurteilungen. Auch das Bundesministerium für Verbraucherschutz fordert gesetzliche Regeln und Schranken beim Einsatz von KI. Sie könne nämlich zur Verstärkung von Vorurteilen und Diskriminierung führen.
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Europäische Hochschulen forschen an Themen wie Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit durch Künstliche Intelligenz. Die Tagesschau kritisiert auf ihrer Webseite: „es sind überdurchschnittlich viele weiße Männer, die künstliche Intelligenzen entwickeln.“ Die Entwicklerteams seien „zu wenig divers“. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung fordert Beschränkungen der Künstlichen Intelligenz in der Arbeitsschutzgesetzgebung. Denn das Unfallrisiko nehme dadurch zu, „dass Roboter dank KI zunehmend autonom und damit kaum vorhersehbar agieren.“ Da hat Europa es den amerikanischen Unternehmen aber mal wieder richtig gezeigt. Die müssen jetzt zügig nachbessern, sonst wird verboten und streng reguliert. Das immerhin schafft Europa. Es kann einem schon mulmig werden. Doch wird die Welt auf uns warten?