IFA 2015 : Hellwache Matratzen und das Zittern der Zwiebel
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Die Waffe von Dyson gegen die Staubmilben auf der Matratze. Oder richtiger: gegen ihren Kot Bild: Dettweiler
Die Funkausstellung in Berlin geht am Mittwoch zu Ende. Es bleibt eine eindeutige Erkenntnis: Die IFA ist eigentliche eine veritable Gesundheitsmesse. Sehen Sie selbst.
Ja auf welcher Messe sind wir denn hier? War die Internationale Funkausstellung früher nicht immer die Leistungsschau des Ungesunden? Der Marktplatz für Couch-Potatoes, die möglichst bewegungsarm auf große Bildschirme gucken, dabei fettige Chips verdrücken und Dosenbier trinken? Dies alles sind Szenarien von gestern, denn die IFA, wie sie in Kurzform heißt, verbreitet neben vielen anderen Botschaften nun auch diese: Gesundheit macht Spaß, Fitness ist cool, schlank, rank und sauber sei der Mensch. An Utensilien für das neue Lebensgefühl herrscht auf dem Campus unter dem Berliner Funkturm kein Mangel, und so ganz nebenbei interpretiert die Ausstellung ihren schönen Traditionsnamen abermals neu: Alles funkt im Dienst der Connectivity, ob über Bluetooth, W-Lan oder Z-Wave.

Redakteur in der Wirtschaft.
Wir haben, pünktlich zum vorletzten Messetag, ein paar einschlägige Impressionen gesammelt. Bei Panasonic zum Beispiel: Da zeigt ein Schlafzimmer die Zukunft. Die Matratze steckt voller Sensoren, ein Projektionsbild an der Wand visualisiert deren Erkenntnisse: Temperatur unter der Decke, Luftfeuchtigkeit, Herzfrequenz, Schlafqualität nach Phasen in einer Berg-und-Tal-Kurve. Zum Einschlafen malt ein Projektor einen Sternhimmel an die Decke, zum Aufwachen lässt der Bildwerfer eine virtuelle Sonne aufgehen, begleitet von Vogelgezwitscher aus dem Lautsprecher. Niemand konnte uns sagen, ob die Sensoren in privateren Phasen des Nachtprogramms auch mal in den Standby-Modus gehen oder ob die Auswertungselektronik womöglich aus kardiologischen Auffälligkeiten falsche Schlüsse zieht und automatisch die Ambulanz ruft.
Samsung hat die Idee sogar schon zur Produktreife getrieben. Hier heißt der Matratzen-Horchdienst Electronic Sleep Sense. Der Sensor steckt in einer flachen Scheibe, die unter der Matratze Platz nimmt und über Bluetooth eine Smartphone-App anfunkt. Sie zeigt auf dem Bildschirm eine mehrfarbige Kurve zur Schlafqualität und gibt, falls nötig, medizinische Ratschläge zu deren Optimierung. Der Sensor kann natürlich auch Hauselektronik steuern, etwa nach dem Einschlafen die Funktion der Klimaanlage anpassen oder automatisch den Fernseher ausknipsen. So überzogen manche Anwendung anmutet: Ganz abwegig sind solche technischen Entwicklungen nicht, wenn man etwa an die telemedizinische Unterstützung allein lebender alter Menschen denkt. Die Gratwanderung allerdings zwischen plausiblen und skurrilen Anwendungen ist derzeit typisch für alles, was mit körpernahen Sensoren zu tun hat.
Dyson, der Turbo-Spezialist, hat sich ebenfalls Gedanken über die Beziehungen zwischen Matratze und Gesundheit gemacht. Dabei kam Dyson Mattress heraus. Das Gerät, in Japan schon ein Bestseller, sieht aus wie ein Handstaubsauger. Sein Einsatz aber gilt den bis zu 2,2 Millionen Milben, die sich laut Dyson auf der Matratze tummeln. Ein Blick durch ein Mikroskop, und das Interesse für den Mattress steigt beim Messebesucher rapide. Dabei kümmert sich der Sauger gar nicht um die Milben selbst, sondern um deren Kot, der Allergien und anderes auslösen kann. Motoren für hinreichende Saugkraft hat Dyson genügend. Eine Art V6 gibt alles für tadellose Hygiene.
Aber genug der heiklen Schlafzimmergeschichten, wenden wir uns dem Badezimmer zu. Hier hat Philips Neues zu bieten, zum Beispiel für Kinder: eine elektrische Zahnbürste, ähnlich wie die Modelle für Erwachsene, nur handlicher und mit buntem Gehäuse. Die Sonicare for kids gibt es schon länger, nicht aber die zur IFA präsentierte App, denn die wird erst noch veröffentlicht. Kinder werden von einem kleinen Wesen motiviert, kritisiert und aufgeklärt, damit sie ihre Beißer ordentlich schrubben. „Das funktioniert doch nie“, fährt es den Erwachsenen am Stand schnell aus dem Mund. Doch, meint die Dame am Stand und zitiert eine Studie, die man mit mehr als 100 Kindern durchgeführt hat. Am Anfang staunen und spielen die Kleinen nur. Irgendwann packt sie der Ehrgeiz, und sie greifen freiwillig zur elektrischen Turbobürste. Im Bad hat auch die Personenwaage ihre natürliche Heimat.
Beurer bereichert den Ort der Reinlichkeit mit einem neuen Modell BF 700, das nicht nur das Gewicht registriert und die körperlichen Ingredienzen nach Muskeln, Wasser, Fett und Knochenmasse differenziert, sondern über Bluetooth auch noch all diese Details an die Beurer-App Health Manager funkt. Auf dem Smartphone ergeben sich nach regelmäßigem Wiegen aufschlussreiche Kurven. Zeigen sie eine deutlich aufstrebende Tendenz, sind verschärfte Workouts und Gemüsesäfte fällig.