Habeck trifft Daimler-Chef : Schon angeschubst
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Ola Källenius (l), Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, und Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, diskutieren auf der IAA. Bild: dpa
Auf der Me Convention diskutiert Robert Habeck mit dem neuen Daimler-Chef Ola Källenius über Klimaschutz und E-Mobilität. Beide sind sich so einig, wie Grüne und Autoindustrie es vielleicht noch nie waren.
Ein Grünen-Vorsitzender trifft auf einen der mächtigsten Autobosse des Landes – und beide sind sich fast immer einig: Es ist noch nicht lange her, da war so etwas eigentlich undenkbar. Als der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche 2016 auf dem Grünen-Parteitag zu Gast war, wurde er von manchen Delegierten noch ausgepfiffen. Jetzt aber, da das grüne Versprechen von mehr Umweltschutz und einer klimaschonenden Mobilität erzwungenermaßen plötzlich auch das der deutschen Autoindustrie ist, sind aus den einstigen Kontrahenten Partner geworden, die für dasselbe kämpfen.
Zumindest kann man am Donnerstagnachmittag auf der Me Convention diesen Eindruck gewinnen, wo Robert Habeck mit dem neuen Daimler-Chef Ola Källenius über Elektromobilität und die Herausforderungen des Klimaschutzes diskutiert. So groß ist die Einmütigkeit auf dem Podium, dass der Schwede dem Grünen irgendwann gar scherzhaft eine Stelle als Vertriebsleiter anbietet – was dieser mit dem Verweis auf „andere Pläne“ aber dankend ablehnt.
Kaum etwas ist an diesem Nachmittag umstritten zwischen Habeck und dem Zetsche-Nachfolger Källenius, der dem Konzern erst seit Mai vorsteht und schon nach wenigen Tagen im Amt seine Pläne für die CO2-Wende bei Daimler vorstellte, nach denen bis 2030 jeder zweite Mercedes elektrisch fahren soll. Eine Abkehr vom Verbrennungsmotor ist alternativlos, die E-Mobilität muss billiger werden und vor allem im Massenmarkt ankommen, die Politik für die Industrie, die nach langem Zögern jetzt viel Geld in die Aufholarbeit beim Thema elektrische Mobilität steckt, schnell die nötigen Rahmenbedingungen schaffen: Kopfnicken an fast jeder Stelle, bei beiden auf dem Podium.
Die Autoindustrie der Politik Feuer unterm Hintern
Und gerade bei Habeck ist kaum noch etwas übrig von der Schärfe, mit der er am Morgen in einem Interview den Ton für seinen IAA-Besuch gesetzt hat: In einem Interview mit der „Rheinischen Post“ zürnte er, die Automobilindustrie treibe den Ausstoß klimaschädlicher Gase trotz aller Bekenntnisse weiter in die Höhe, indem sie weiter große SUV produziere. Die Branche brauche „Planungs- und Investitionssicherheit“ durch die Politik, aber auch selbst „einen kräftigen Anschubser“.
Auch in der Diskussion mit Källenius lässt Habeck keinen Zweifel daran, wer bei diesem „Anschubser“ eine entscheidende Rolle spielt: im Zweifel die Grünen und er selbst. Der schwedische Vorstandsvorsitzende wiederum versucht die Botschaft zu vermitteln, dass dieser Anschubser in der Autoindustrie längst angekommen sei – und findet auch dabei die volle Zustimmung des Grünen. „Es hat sich wirklich was verändert“, sagt Habeck über die Industrie, die sich „zu lange in der Illusion gewiegt“ habe, alles könne einfach so weitergehen und jetzt „unter hohem Zeitdruck mit immensen Kosten“ einiges nachhole. „Trotzdem hätten wir das schlauer, weitsichtiger und schlauer planen können“, kritisiert er dann – einer von nur wenigen Unterschieden zu Källenius, der betont, bei Daimler habe man bereits 2014 „den Hebel umgelegt“ und sehe sich jetzt in dieser Strategie bestätigt.
Vollends einig sind sich beide aber in ihrer Kritik an der Politik, die es zu lange versäumt habe, die nötigen Rahmenbedingungen für den Paradigmenwechsel in der Autoindustrie zu schaffen. „Derzeit ist es die deutsche Autoindustrie, die der Politik Feuer unterm Himmel macht, Vorreiter bei der Energiewende zu sein“, sagt Habeck. Beide plädieren in Frankfurt für eine CO2-Bepreisung. „Wenn wir den CO2-Ausstoß senken wollen, muss die Verbrennung fossiler Kraftstoffe Geld kosten“, fordert Källenius, der sich für ein weltweites System ausspricht, in dem CO2 „generell einen Preis“ habe. Auch hier stimmt Habeck zu, auch wenn er in einem ersten Schritt lieber eine CO2-Steuer bevorzugen würde. „Systemisch spricht viel für CO2-Zertifikate“, so der Grüne. Weil deren Einführung aber mehrere Jahre dauern könne, sei eine CO2-Steuer derzeit das „schnellere und überlegenere Instrument“, weil es schon von 2020 an greifen könne.