Elektro-Harley mit Soundmodul : Fake News
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Mit Klang: Harley LiveWire in der Factory-Edition Bild: Hersteller
Das ist neu: Elektro-Harleys mit künstlichem Sound. Wie ein Händler den Absatz der Motorräder in Schwung bringt.
Es brummt, knattert und macht Peng. Für ein Elektrofahrzeug ist das ungewöhnlich, für Matthias Meier hingegen ein Mittel der Verkaufsförderung. Der Inhaber der Harley Factory Group mit Filialen in Frankfurt, Hannover, Wiesbaden und Wetzlar ist um Ideen nie verlegen und bietet das erste Soundmodul für ein Elektromotorrad an – für die LiveWire von Harley-Davidson.
Vor dem Ausprobieren hatten wir uns vorgenommen, es fragwürdig zu finden. Während des Ausprobierens mussten wir des Öfteren unterm Helm grinsen, und danach erschien es uns als clevere Idee. Nicht jedermanns Sache, gewiss, aber etwas, das dazu beitragen könnte, den Absatz des Elektromotorrads anzukurbeln. Die LiveWire hat das nötig.
Bei dem Gerät handelt es sich um eine Schachtel, die unterm Sitz des Motorrads montiert wird und dort jenen Platz belegt, der eigentlich fürs Ladekabel vorgesehen ist. Geliefert wird es von einem auf Soundmodule spezialisierten Unternehmen aus Hannover, die zugehörige Smartphone-App, über die das System angesteuert wird, stammt von einem Softwareentwickler. Über diese App lassen sich diverse Klangvarianten wählen, vom Sechs- über den Acht- bis zum Zwölfzylinder, von Oldtimer über Muscle Car bis Trabi. Auch lassen sich Leerlaufdrehzahl und Lautstärke variieren, Fake-Fehlzündungen einbauen und das Ausmaß des Aufjaulens beim vorgetäuschten Motorstart bestimmen.
Meier zufolge befindet sich das Ganze in der Erprobungsphase. „Wir leisten Pionierarbeit.“ Bisher wird eine Standardsoftware verwendet, sodass sich das akustische Angebot aufs Automobil beschränkt. Geplant ist, auch „motorradtypischen Sound zu hinterlegen“, wie Meier ankündigt, klassischen Harley-Sound möglicherweise. Dann könnten LiveWire-Besitzer am Treffpunkt ihr Smartphone zücken und zur Belustigung des Publikums das Elektromotorrad wie historische Knuckle- oder Panheads poltern lassen. Mancher Kunde, erklärt Meier, betrachte das Soundmodul auch schlicht als Sicherheitsgewinn, weil Fußgänger und Radfahrer das Fahrzeug im Stadtverkehr ansonsten nicht hören.
Wir haben eine Proberunde gedreht und waren verblüfft: Was Klang doch ausmacht! Rumort das Lautsprechermodul unterm Sitz, kommt glatt das Gefühl auf, es werde Benzin verbraucht, während in Wahrheit gerade Strom aus dem Akku gezogen wird. Selbst Gangwechsel eines Automatikgetriebes werden simuliert. Die Lautstärke fällt dezent aus, außerhalb des Stadtverkehrs verfliegt das Hörerlebnis im zunehmenden Fahrtwind. Wen es stört, dass durch die Soundbox die Eleganz flüsternder Elektromobilität verloren geht, kann sie deaktivieren. Leider fehlt dafür ein Schalter am Lenker; zum Ein- und Ausschalten oder für den Wechsel des Modus muss jedes Mal angehalten und das Handy hervorgeholt werden. Das Klangzubehör ist ein Baustein eines umfassenden Konzepts, mit dem sich Meier, der auch Vorsitzender des europäischen Harley-Händlerverbands ist, bemüht, die schleppenden LiveWire-Verkäufe in Schwung zu bringen.