Ricoh GR III ausprobiert : Weniger ist mehr und teurer
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Ein zirka 11 × 6 × 3 Zentimeter kleines Gehäuse hat die Ricoh GR III. Bild: Hersteller
Die Bildqualität dieser Kamera ist schlicht hervorragend. Aber die dritte Auflage von Ricohs Erfolgsmodell GR III hat Lücken in der Ausstattung.
Puristisch, das ist die wohlwollende Umschreibung für eine Digitalkamera, die trotz ihres Preises von rund 900 Euro weder einen elektronischen Sucher noch ein Zoom-Objektiv hat. Im Preis-Leistungs-Vergleich scheint sie damit schon durchgefallen zu sein. Einen Moment, bitte: Man sieht es schließlich nicht von außen, dass in dem gerundet 11 × 6 × 3 Zentimeter kleinen Gehäuse der Ricoh GR III ein APS-C-Sensor mit den Maßen 23,6 × 15,8 Millimeter (24 Megapixel) sitzt.
Mit ihren äußeren Abmessungen und mit einem Gewicht von etwas mehr als einem halben Pfund gehört auch die dritte Auflage von Ricohs Erfolgsmodell in die Klasse der kleinen schwarzen „Premium-Kompaktkameras“. Bei denen ist jedoch wie etwa in einer Sony RX 100 eher ein Ein-Zoll-Sensor anzutreffen. Ricoh kombiniert hingegen den größeren Sensor mit einer Festbrennweite, die bei einer Anfangsöffnung von 1:2,8 im Kleinbildformat 28 Millimeter entsprechen würde. Das ist ein Weitwinkelobjektiv, das sich ebenso gut für Landschaftsfotografie wie für jede Art von Schnappschüssen eignet. Daher wird uns das teure Gesamtpaket als Kamera für die Straßenfotografie und als Immer-dabei- und Zweitkamera für Profis und besonders anspruchsvolle Ambitionierte offeriert.
Eine so zugeschnittene Kamera muss bedingungslos in zwei Punkten liefern: mit ihrer Bildqualität und durch ihr Tempo. Was das angeht, ist die GR III mit einem Hybrid-Autofokus gut gerüstet. Zu der bei kleinen Kameras noch vorherrschenden, etwas langsameren Kontrastmessung gesellt sich eine auf dem Sensor-Chip integrierte Auswertung der Schärfe durch Phasenvergleich. Außer Einzelaufnahmen und kontinuierlich scharfstellen kann der Autofokus auch Objekte des Motivs flink genug verfolgen. Und sehr passend für die Straßenfotografie gibt es wie in der guten alten Zeit der Taschenkameras à la Rollei 35 oder Minox 35 eine fixe Schnappschuss-Einstellung: Da wird nicht mehr gemessen, sondern sofort ausgelöst und auf die Tiefenschärfe des abgeblendeten Weitwinkels vertraut. Dass sich die GR III nicht nur in diesem Modus durch äußerste, auch akustische Unauffälligkeit auszeichnet, versteht sich.
Allerdings vermisst man, sobald es nicht mehr nur ums rasche Fotografieren, sondern ums Komponieren eines Bildes geht, den Sucher enorm. In vielen, mehr als nur gut beleuchteten Situationen sieht man auf dem 3-Zoll-Monitor zu wenig für die Bildgestaltung, und da ist es auch kein Trost, dass es sich um einen Touchscreen handelt. Und da wir schon beim Klagen sind: Der Kompaktheit geschuldet ist der Akku arg klein und reicht kaum für einen Ferientag. Die Prospektangabe „200 Aufnahmen nach CIPA-Standard“ blieb blanke Theorie. Auch ein ärgerliches Malheur mit der Kamera soll nicht verschwiegen werden: Die GR III ist mit ihren Abmessungen, aber auch durch ihr glattes, jedoch nicht zu glattes, sondern im Vergleich sehr schön griffiges Gehäuse unbedingt taschengängig. Ohne weitere Hülle eingesteckt, lockerte sich in einer Rucksacktasche der Ring, der rund um den Objektivtubus Kontakte abdeckt, und flog auf Nimmerwiedersehen beim Herausnehmen in die Ostsee.
Bliebe, wenn man von der üblichen „Connectivity“ und den eher durchschnittlichen Videofähigkeiten absieht, noch die Bildqualität. Die ist schlicht hervorragend. In Schärfe und Kontrast, aber auch bei der natürlichen Farbwiedergabe unter schwierigen Lichtbedingungen schlägt die Ricoh so ziemlich alles ähnlich Kompakte auf dem Markt. Wer Rohdaten speichert und den exakten Bildausschnitt erst daheim am Computer bestimmt, wird auch das Zoomen der anderen kaum jemals vermissen.