Kopfhörer Sonoma M1 im Test : Klang ohne Grenzen
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Der Kopfhörer Sonoma M1 von Warwick Acoustics ist ein elektrostatischer Kopfhörer ... Bild: Hersteller
Aus Britannien mal gute Nachrichten: Der Kopfhörer Sonoma M1 von Warwick Acoustics zählt zu den besten der Welt und ist sogar halbwegs erschwinglich.
Die Wahl zum besten Kopfhörer der Welt gibt es nicht. Sie wäre langweilig. Vor 28 Jahren setzte sich Sennheiser mit dem Orpheus klanglich unangefochten an die Spitze. Erst vor vier Jahren luchste ein gewisser HE1 dem mittlerweile zur Legende gewordenen Orpheus den Titel ab, bester Kopfhörer der Welt zu sein. Die Medaille blieb aber im Hause. Sennheiser hatte schlichtweg den Nachfolger vorgestellt. Der Superlativ gilt ebenso für den Preis. Der HE1 kostet 50.000 Euro, für den Orpheus verlangte man damals 20.000 D-Mark. Wer bereit ist, für einen Kopfhörer viel Geld auszugeben, aber weder Scheich noch Weltfußballer ist, landet zwangsläufig bei Stax. Das japanische Unternehmen nähert sich mit seinem Topmodell SR-009S – laut Hersteller „der wahrscheinlich beste Kopfhörer der Welt“ – der 10000-Euro-Grenze. Der Preis tut immer noch weh, ist aber für manchen zu ertragen.
Nun hat sich ein weiteres Unternehmen für das Spiel der Besten angemeldet, um als Neuling gegen die Etablierten anzutreten. Warwick Acoustics ist aus einer Forschergruppe der britischen Universität in Warwick hervorgegangen. Zehn Jahre lang haben zwei Professoren mit ihren Mitarbeitern elektrostatische Lautsprecher entwickelt, bevor sie der Welt ihren ersten Kopfhörer mit dem Namen Sonoma M1 präsentierten. Mit einem Preis von 5700 Euro bewerben sie sich schon mal für die Wahl zum besten Kopfhörer, der auch der günstigste sein will.
Sowohl Sennheiser, Stax – und ein paar andere – als auch Warwick Acoustics setzen für ihre Produkte auf das elektrostatische Prinzip. Es ist wohl die Garantie, um in puncto Klang ganz oben mitspielen zu können. Da das Signal, das den Kopfhörer erreicht, auf Hochspannung gebracht werden muss, gehört zu solchen Kopfhörern immer ein spezieller Verstärker dazu. Das relativiert etwas den Preis. Warwick hat zudem den Digital-Analog-Wandler ESS Sabre Reference integriert, so dass wie bei unserem Test als Quelle ein Notebook genügt, angeschlossen über USB. Ein digitaler koaxialer Eingang steht ebenfalls bereit, an den ein CD-Player oder Netzwerkspieler andocken können.
Die Briten haben das elektrostatische Prinzip weiterentwickelt. Normalerweise funktioniert es so: Eine dünne, beschichtete und somit leitfähige Folie, welche durch Bewegung die Schallwellen erzeugt, wird unter eine statische Gleichspannung gesetzt. Die Folie sitzt zwischen zwei Gittern (Statoren). Auch an denen liegt eine Spannung an, allerdings dynamisch, weil das Musiksignal die Spannung der Statoren moduliert. Weil der eine positiv und der andere negativ geladen ist, wird die Membran angezogen und abgestoßen und flattert hin und her.
Warwick hat es nun beim Sonoma geschafft, die Membran (übrigens nur 15 Mikrometer dünn und HPEL-Schallwandler genannt) mit nur einem Stator zum Schwingen zu bringen. Dieser besteht aus einem Metallgewebe, das mit der Folie verklebt ist, und sitzt auf der Rückseite. Der Vorteil dieses sogenannten Eintaktprinzips wird schnell klar. Die Schallwellen, welche die Folie verlassen, dringen direkt zum Trommelfell, ohne einen zweiten Stator passieren zu müssen.
Ohne jede Anstrengung und mit betörender Leichtigkeit
Die Technik hat offenbar deutliche Auswirkungen auf den Klang. Wer den Sonoma aufsetzt, wird vom ersten Ton an entführt in eine Welt, in der konzentriert musiziert wird. Ohne jede Anstrengung und mit betörender Leichtigkeit kann der Hörer dem Spiel der Instrumente folgen. Alle sind mit allen möglichen Details präsent. Der Sonoma legt Gitarre, Bass, Schlagzeug, Stimmen übersichtlich vor dem Hörer zurecht, dieser kann nach Belieben zugreifen und genießen.
Dabei klingen die einzelnen Instrumente so authentisch, als säße man direkt vor dem Musiker. Diese Natürlichkeit hält der Sonoma auch bei hohen Pegeln. Es dröhnt, zischt oder fiept nichts. Im Vergleich zu anderen analytisch klingenden Kopfhörern ist er weniger aggressiv.
Damit zieht Warwick Acoustics an den elektrodynamischen Topmodellen von Sennheiser, Hifiman, Mr Speakers, Sony oder Focal vorbei und geht ins Duell mit den ganz Großen der Zunft. Der Thron des Sennheiser HE1 wackelt nicht. Es bleibt der beste Kopfhörer der Welt. Und teuerste. Stax als die Marke für elektrostatische Kopfhörer schlechthin hat allerdings ein Problem. Der Sonoma spielt genauso korrekt, klingt aber mitreißender als die Modelle der Japaner. Und der Brite ist mit 5700 Euro günstiger.
Warwick Acoustics hat übrigens seit kurzem noch ein weiteres Modell in Angebot. Name: Aperio. Preis: 20.000 Euro aufwärts. Klang: Noch besser. Urteil: Könnte der beste der Welt sein. Oder bleibt es der Sennheiser? Egal, sind beide eh viel zu teuer.