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Keynote auf Entwicklerkonferenz : Will oder kann Apple nicht mehr?

Dirigieren allein reicht nicht. Apple braucht wieder echte Innovationen Bild: REUTERS

Es ist immer das gleiche Spiel: Wenn Apple-Chef Tim Cook neue Produkte vorstellt, sind die Erwartungen enorm hoch. Obwohl er sie nie erfüllen kann, verkauft Apple mehr Geräte als je zuvor. Das könnte sich nun ändern.

          3 Min.

          Es ist immer das gleiche Spiel: Apple kündigt eine Keynote an. Im Vorfeld gibt es wilde Spekulationen, welche Neuheiten kommen könnten. Es werden massive Forderungen gestellt, was kommen muss. Unternehmenschef Tim Cook konnte in den letzten Jahren den Ansprüchen nie genügen. Das musste er auch nicht. Apple ging nie zu Boden. Im Gegenteil: Mit sehr guten Verkaufszahlen und fantastischen Einnahmen im Rücken, konnte sich Cook immer mit breiter Brust seinen Kritikern stellen.

          Marco Dettweiler
          Redakteur in der Wirtschaft.

          Doch dieses Mal ist alles etwas anders. Das Spiel ist ernster, das Unternehmen unsicherer geworden. Während der Veranstaltung auf der Entwicklermesse WWDC 2014 in San Francisco hatte man das Gefühl, dass Apple das erste Mal Zeit schinden wollte und dabei zudem vergaß, auf die Uhr zu schauen. Die Keynote dauerte nicht eine, nicht eineinhalb, sondern zwei Stunden. Das war rekordverdächtig. Bei der letzten Keynote hetzte Phil Schiller noch wie Dieter Thomas Heck durch die beachtlichen Daten des Mac Pro, dass man als Zuschauer kaum hinterher kam. Und an diesem Montag? Viele kleine Veränderungen bei MacOS X und viele kleine Neuheiten bei iOS 8. Und das war's.

          Natürlich waren die Spekulationen um eine iWatch oder das iPhone 6 kaum durch Indizien gedeckt. Und Apple hat letztlich auch nur Leaks zur Software zugelassen. Doch die Wünsche der Fangemeinde nach Gadgets werden dieses Mal umso mehr von der Forderungen der Analysten begleitet. Einige sind weniger berechtigt. So kann Apple den Markt der Computeruhren auch im Herbst oder Anfang nächsten Jahres besetzen, denn die Modelle von Samsung, Sony und anderen überzeugen kaum, sodass Apple da neue Maßstäbe setzen könnte.

          Das sieht bei den Smartphones anders aus. Die Konkurrenz hat in diesem Jahr Flaggschiffe aufgefahren, die mit einigen Funktionen besser sind als das iPhone 5s. Smartphones wie das Samsung Galaxy S5, HTC One (M8) oder Sony Xperia Z2 müssen sich alle nicht verstecken hinter Apples Überall-Smartphone. Sie haben zum Teil bessere Kameras, ausdauernde Akkus oder schärfere Displays. Android in der Version 4.4.2 (KitKat) ist ebenso eine echte Alternative zu iOS wie Windows Phone auch. Wie nicht nur an diesem Abend zu sehen war, bedient sich das Unternehmen aus Cupertino auch gerne bei seiner Konkurrenz aus Mountain View. Tim Cook sollte also mit seinen Sticheleien gegen Android vorsichtiger sein.

          Die Software rückt in den Vordergrund

          Nun hat Apple aber auch einen cleveren Schritt gemacht, diese Konkurrenz auf anderem Wege auf Abstand zu halten. Selbst wenn ein Mac-Nutzer merken sollte, dass ihm ein Smartphone von Samsung, Sony, LG oder HTC besser gefällt und er mit Android kein Problem hätte, würde er sich dennoch mehrmals den Wechsel überlegen. Die Kombination mehrerer Apple-Produkte ist zu attraktiv.

          Der Mikrokosmos, den Apple bisher durch seinem geschlossenen Softwarezuschnitt geschaffen hat, wird noch klarer und begehrenswerter als bisher. Mac, iPad und iPhone werden letztlich zu einer Einheit, das einzelne Gerät dient nur noch als Medium der Aktion. Dem Nutzer kann es egal sein, auf welchem Gerät er seine Mail schreibt, ob er auf dem iPad das Foto macht oder auf dem Mac die Seite aufruft.

          Apple hat die iCloud-Idee konsequent ausgebaut. Die Verschmelzung der Betriebssysteme MacOS X und iOS schreitet weiter voran. Das Unternehmen rückt immer mehr die Software in den Mittelpunkt. Dass Apple tolle Hardware bauen kann, wissen die Nutzer genauso wie die Konkurrenz. Auf dem Gebiet gibt es keinen Nachholbedarf. Soweit die Haltung Apples. Doch vielleicht haben die Verantwortlichen übersehen, dass sie auf dem Smartphone-Markt beinahe schon überholt wurden. Sollte dem Nutzer die Hardware wichtiger sein als der elegante Workflow zwischen Computer, Tablet und Smartphone, könnten Apple nicht in diesem, aber möglicherweise schon im nächsten Jahr den Anschluss verlieren.

          Fehlen doch die Ideen?

          Und auf dieses Argument ist auch bald kein Verlass mehr: Häufig wird behauptet, dass zwischen den Revolutionen wie iPhone oder iPad Jahre der technischen Evolution lagen, die die Wertigkeit der Produkte garantierten. Doch irgendwann ist jeder Zyklus einmal zu Ende. Dann muss eine neue Gerätekategorie her oder ein Produkt, das eine bestehende auf den Kopf stellt. Warum dafür die Zeit noch nicht gekommen ist, weiß man nicht so recht. Fehlt doch ein Steve Jobs, der das Genie und den Mut hatte, solche Projekte voranzutreiben und konsequent umzusetzen? Fehlen Tim Cook und seinen Entwicklern schlichtweg die Ideen? Es ist aufgrund der finanziellen und personellen Ausstattung von Apple kaum denkbar. Aber möglich ist es.

          Auf jeden Fall muss Apple bald wieder zeigen, was es wirklich drauf hat. Sonst wird man bei der nächsten Keynote keine zwei Stunden überstehen.

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