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Designer Dieter Rams im Gespräch : „Braun hat Apple angeregt - ein Kompliment“

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Bild: dpa

Dieter Rams war Chefdesigner des Elektrogeräteherstellers Braun und gilt manchen als Großvater des Apple-Designs. Rams selbst sieht die Ähnlichkeit in der grundsätzlichen Philosophie: der selbsterklärenden Schlichtheit des Designs.

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          Herr Rams, Apple-Chefdesigner Jonathan Ive ist der Vater von iPhone und iPad. Sie gelten als Großvater des Apple-Designs. Sind Sie stolz auf den Titel?

          Wissen Sie, ich halte nicht viel von solchen Worten, die mal irgendjemand in die Welt gesetzt hat.

          Aber Ive höchstpersönlich hat Sie als Vorbild genannt.

          Er hat mir mal einen iPod Touch geschickt - mit einem sehr lieben Brief.

          Zwei Mal Taschenrechner: Einmal von Apple als iPhone-Anwendung und einmal von Braun als Hardware
          Zwei Mal Taschenrechner: Einmal von Apple als iPhone-Anwendung und einmal von Braun als Hardware : Bild: Hersteller

          Was stand drin?

          Dass er schon während seines Studium durch seine Eltern Braun-Geräte gehabt habe, dass er ein großer Bewunderer meiner Arbeit gewesen sei und sie ihn sehr stark beeinflusst habe.

          Sie waren vier Jahrzehnte Chefdesigner von Braun. Manche meinen, Apple habe sein Design von Braun gestohlen.

          Ja, dieser Ansicht ist unter anderen der französische Kollege Philippe Starck, der mich mal ganz aufgeregt darauf hingewiesen hat. Ich habe aber von vornherein gesagt, dass ich das nicht so empfinde.

          Das Minimalistische und Funktionalistische bei Apple kommen doch Ihren Braun-Entwürfen schon sehr nahe. Und Ive hat in einer ersten Version des iPhone-Betriebssystems sogar die virtuellen Taschenrechner-Tasten nach den berühmten runden Tasten von Braun-Taschenrechnern gestaltet.

          Das ist richtig, aber für mich ist das ein Kompliment. Das ist was ganz anderes als eine plumpe Nachahmung. Apple ist angeregt von Braun, wie viele andere auch. Hier geht es um die grundsätzliche Auffassung. Design ist ganz wesentlich davon bestimmt, dass es Dinge erklärt, ohne dass man lange eine Gebrauchsanleitung lesen muss.

          Genau das, was viele Apple-Jünger an den Produkten loben.

          Das war immer unsere Vorgabe bei Braun: Dinge so zu gestalten, dass sie besser begreifbar waren. Wir haben von Anfang an viel Wert auf Produktgrafik gelegt, auf Skalen und Beschriftungen am Gerät. Das ist auch bei Apple ganz wesentlich - nicht das vordergründige Aufpolieren eines Gerätes, sondern, es gebrauchstauglich zu machen. Das ist eher selten zu finden: Die Firmen, die Design wirklich ernst nehmen, können Sie an zehn Fingern abzählen. Apple gehört dazu.

          Jetzt sind Sie aber hart in Ihrem Urteil.

          Es gibt natürlich kleine und mittlere Unternehmen, die gut sind, unter anderem in der Möbel- oder Beleuchtungsbranche. Aber im großen Maßstab? Solche Unternehmerpersönlichkeiten sind selten. Früher war das zum Beispiel Adriano Olivetti, heute ist es Steve Jobs.

          Woran liegt das?

          Es liegt an unseren Strukturen, die zu beliebig geworden sind, und an den Medien, die häufig nur das Spektakuläre in den Vordergrund stellen. Das ist für die Gebraucher - ich sage lieber Gebraucher als Verbraucher - nicht sehr lehrreich. Guten Geschmack aber muss man lernen, der ist nicht angeboren.

          Soll ein Designer nicht das designen, was den Menschen gefällt?

          Bei Braun wäre all das nicht gelungen, wenn es die Unternehmerpersönlichkeiten, also Artur und Erwin Braun, nicht gewollt hätten. Im heutigen globalen Wettbewerb ist das Marketing verantwortlich für den return on investment. Die sichern sich dann lieber ab, wollen unbedingt herausfinden, was die Leute wollen. Dem Volk aufs Maul zu schauen heißt aber, es kommt am Ende nicht das Beste heraus.

          Muss ein Designer aber nicht mit seinem Design auch verkaufen wollen?

          Wir haben durchaus dazu beigetragen, dass Braun über Jahrzehnte erfolgreich war. Bis zur Mitte der 1950-er Jahre war das Unternehmen ja nur als Radio-Braun im Frankfurter Raum bekannt. In Hamburg kannte keiner Braun, und in München kannte keiner Braun. Erst mit dem Design ist Braun bekannt geworden auf der ganzen Welt, die Umsätze sind von Jahr zu Jahr gestiegen, und der Exportanteil lag zuletzt bei 75 Prozent. Ein ausgesprochenes Beispiel, dass man mit gutem Design durchaus erfolgreich sein kann.

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