Alles mobil oder was : Wozu noch Festnetz?
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Wie früher: Wählscheibentelefon Bild: dpa
In Zeiten von Whatsapp hat das heimische Telefon ausgedient. Jedenfalls für junge Leute. Noch ist das Festnetz aber nicht tot. Mit diesen Tricks kann man sich manche Hardware sparen.
Der W-Lan-Router für den Kabelanschluss ist gut versteckt, im Vorratsraum neben der Küche. Platz ist knapp in der Studentenwohnung. Gefunkt wird nun zwischen Ravioli-Dose, Nudeln, Knoblauch und getrockneten Tomaten. Doch das Internet funktioniert, auch das Programm auf dem Fernsehgerät kommt über das Netz, nämlich von Netflix. Ein Detail hat der Student jedoch vergessen: Der Router hat eine TAE-Buchse, und Unity Media spendiert zum Anschluss eine Rufnummer mit Gratis-Telefonie ins Festnetz. Was früher ein schönes Extra gewesen wäre, ist inzwischen bedeutungslos. Jedenfalls für den studentischen Single-Haushalt, der ganz ohne Festnetz-Telefon auskommt. Wozu sich mit weiterer Hardware belasten? Das herkömmliche Telefon ist tot, zumindest für die jungen Leute. Sie rufen nur noch Oma und Opa auf dem Festnetz an; natürlich vom Handy aus.
Aus der Vogelperspektive ist dieser Eindruck jedoch nicht richtig. Es gibt noch immer rund 37 Millionen Festnetz-Anschlüsse in Deutschland. Die Zahl stagniert, ein leichter Rückgang ist zu beobachten. Um die Jahrtausendwende waren es 40 Millionen Anschlüsse. Weitaus interessanter ist jedoch das Nutzungsverhalten. Nach der Liberalisierung des Marktes 1998 kletterte die Zahl der Gesprächsminuten auf 586 Millionen pro Tag in Deutschland, und zwar im Jahr 2003. Seither fällt die Zahl der Gesprächsminuten von Jahr zu Jahr. 2016 waren es nur 388 Millionen.
Es wird weniger telefoniert, auch und gerade im Festnetz. Und es wird insgesamt weniger telefoniert, denn sich unangekündigt einfach so in das Leben eines anderen einzuwählen gilt als unhöflich. Man nimmt lieber die unaufdringliche Häppchenkommunikation à la Whatsapp. Kommunikation wird asynchron, der Empfänger entscheidet, wann er liest und antwortet.
Wer ein Diensthandy hat, kann auf stationäres Gerät verzichten
Auch die Unternehmen verabschieden sich langsam vom Festnetz. Ausgerechnet der Telefon-Pionier Siemens, der mit dem Telegraphenbau im 19. Jahrhundert seine Erfolgsgeschichte begründete, ließ im vergangenen Jahr seine Beschäftigten entscheiden, ob sie ihren Festnetz-Anschluss im Büro abschalten wollen. Wer ein Diensthandy hat, kann auf das stationäre Gerät verzichten: „Wir wollen mobiles und flexibles Arbeiten ermöglichen“, hieß es, und natürlich habe das Projekt „ein gewisses Einsparpotential“.
Aus technischer Sicht verliert das klassische Telefongespräch, das auf einer Leitung zwischen Anrufer und Angerufenem geführt wird, ebenfalls an Bedeutung: Die Telekom und alle Mitbewerber wechseln zur IP-Telefonie, zur Internettelefonie, die an sich nicht neu ist. Rufaufbau, Vermittlung und Sprach-Datenübertragung erfolgen über das Internet-Protokoll, das macht die Netzstruktur einfacher und billiger. Die reservierte Leitung wird überflüssig, das Gespräch sucht sich in Datenpaketen selbst seinen Weg durchs Netz.
Je mehr Telefonate mit Voip erfolgen, mit Voice over IP, um so mehr stellt sich die Frage, warum dafür Gebühren anfallen. Für das Internet und seine Kosten macht es keinen Unterschied, ob die Bits und Bytes zufälligerweise gerade Sprache enthalten oder etwas anderes. Warum sollte ein Telefonat von Neu Isenburg nach New York etwas kosten, während der Versand eines Bildes in den DSL-Gebühren enthalten ist?