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25 Jahre „c't“ : Männer, die alles genau wissen wollen

Happy Birthday, c't!

Happy Birthday, c't! Bild: c't

Die Computerfachzeitschrift „c't - Magazin für Computertechnik“ feiert in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag und man bezeichnet sie gerne als „Heilige Schrift der Branche“. Das Geheimnis des Erfolgs ist ihre Glaubwürdigkeit.

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          In einer Computerredaktion kann es eigentlich nicht anders aussehen: fast nur Männer an den Schreibtischen, dort mindestens zwei PCs je Redakteur, häufig auch mehr, meist mit offenem Gehäuse, und das gesamte Drumherum lässt deutlich erahnen, dass Männer andere Ordnungsprinzipien als Frauen haben. Auch ein Regal mit fein säuberlich aufgereihten Motherboards kann ja seinen Charme haben. Hier wird jedenfalls fleißig mit und an Computern gearbeitet, getüftelt und geforscht, hier herrscht der Primat der Inhalte, ein unaufgeregter Skeptizismus der Fachleute, die alles bis ins kleinste Detail wissen wollen.

          Michael Spehr
          Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.

          Die Computerfachzeitschrift „c't - Magazin für Computertechnik“ feiert in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag, man hat sie als „Heilige Schrift der Branche“ bezeichnet (auch, weil von ihr fleißig abgeschrieben wird), und sie ist in vielem anders: Sie heischt nicht nach Sensationen (selbst wenn sie mit zahlreichen Enthüllungsgeschichten großes Aufsehen erregte), sie bietet in einem gesetzten, nüchternen und damit sehr lesefreudigen Layout vor allem viel Text, und sie verzichtet bei der Vorstellung von neuen Produkten auf die neuerdings üblichen Fotostrecken mit Bikini-Mädels.

          Das Geheimnis des Erfolgs ist ihre Glaubwürdigkeit

          Bei der „c't“ gibt es keine falschen Versprechungen auf der Titelseite, keine geölten PR-Floskeln, keine Jubelfanfaren und keine Gemengelage aus redaktionellen Inhalten mit Aktionen von Anzeigenkunden. Es fehlen „Testsieger“ und „Bestenlisten“. Die „c't“ ist keine schnelle Kost für Leichtmatrosen, sondern bisweilen anstrengende Lektüre für den Steuermann. Man stellt ausführlich Stärken und Schwächen der untersuchten Produkte gegenüber, eine Kaufentscheidung muss der Leser indes nach seinen persönlichen Anforderungen selbst fällen.

          Im 14-Tages-Turnus erstellen rund 90 redaktionelle Mitarbeiter ein rund 250 Seiten starkes Magazin mit Kultstatus, das von den meisten Lesern (250.000) gleich abonniert wird, weitere 100.000 Exemplare werden frei verkauft. Obwohl die „c't“ überwiegend Fachleute anspricht, ist das Anzeigenaufkommen so hoch wie bei den bunten Publikumszeitschriften. Das Geheimnis des Erfolgs ist ihre Glaubwürdigkeit. Was die Redakteure gemessen oder erforscht haben, mit anerkannten oder selbstentwickelten Verfahren, überwiegend in eigenen Labors, ist reproduzierbar und genügt wissenschaftlichen Ansprüchen.

          Geschäftszahlen und Auflage galten zunächst als unwichtig

          Der selbst gesetzte Anspruch ist mindestens so hoch wie die Qualifikation der Redakteure, die überwiegend Ingenieure und meist als Volontäre ins Haus gekommen sind. Glaubwürdigkeit hat aber auch etwas damit zu tun, wie ein Verlag mit seinen eigenen Leuten umgeht. Das Standbein des Heise-Verlags in Hannover waren ursprünglich Nachschlagewerke und Adressbücher. Der Zeitschriftenmarkt war Verleger Heise in den achtziger Jahren eher unbekannt, und so ließ er der kleinen Gründungsredaktion unter Chefredakteur Christian Persson freien Lauf. Geschäftszahlen und Auflage galten zunächst als unwichtig. Die Redaktion sollte das machen, was sie für richtig hielt, und das kann sie bis heute.

          Persson ist mittlerweile der dienstälteste Chefredakteur einer deutschen Computerzeitschrift, ihm zur Seite steht seit 1996 Detlef Grell. Beide haben auch bei kaufmännischen Entscheidungen mehr als nur ein Wörtchen mitzureden. Bezeichnenderweise hat die Redaktion sogar den massiven Rückgang der Stellenanzeigen seit Anfang 2000 ohne Verwerfungen überstanden, statt personellen Kahlschlags ist ein kontinuierliches Wachstum zu beobachten.

          Wissensvermittlung für Experten und Lernwillige

          Die Redakteure der „c't“ sind eigenständige Köpfe. Die bunte Mischung jeder Ausgabe entspringt den vielfältigen Interessen der Mannschaft, die man so arbeiten lässt, wie sie es mag. Nur so können gute Geschichten entstehen, die in die Tiefe gehen, originell und spannend sind, die sich absetzen gegenüber dem Einerlei des überall obwaltenden Fastfood-Journalismus auf verlegerischer Sparflamme. Wenn sich jemand spezialisiert und seine Steckenpferde ins Blatt bringt, dann ist das gern gesehen, man freut sich über hochkarätige Spezialisten in der Redaktion. Nicht jeder Leser muss alles mögen oder verstehen. Im Laufe der Jahre hat die „c't“ den Horizont der Computertechnik erweitert, ohne hier ihre Kernkompetenz in Frage zu stellen. Themen rund um das Internet finden sich in jeder Ausgabe, Mobilfunk, Navigation, Unterhaltungselektronik und Verbraucherrecht sind hinzugekommen.

          In Hannover geht es darum, dass fachkundige Leser einen Blick über den Tellerrand ihres Spezialistentums bekommen, um Wissensvermittlung für Experten und Lernwillige. So wundert kaum, dass die „c't“ ungemein viele Geschäftsführer und Entscheider in Leitungsfunktionen zu ihren Lesern zählt, was sie wiederum für Anzeigenkunden interessant macht. Die „c't“ ist allerdings kein Ort der beschaulichen Gemütlichkeit. Aktualität ist für Chefredakteur Persson unabdingbar.

          „Wir sägen doch nicht an dem Ast, auf dem wir sitzen“

          Als Microsoft Office 2007 auf den Markt kam, hatte die Redaktion genau 48 Stunden für Test und Berichterstattung. Natürlich waren die zuständigen Redakteure mit den Betaversionen vertraut, natürlich wussten sie schon vorher, wo wunde Stellen zu suchen waren. Aber am Ende kam ein Artikel heraus, dessen Aussagen „bis heute Gültigkeit haben“, sagt Persson mit einem gewissen Stolz.

          Auch bei Nachrichten und Kurzmeldungen steht Aktualität hoch im Kurs. Die Internetseite mit den „Meldungen des Tages“ (www.heise.de) gehört vermutlich zu den meistgelesenen des deutschsprachigen Netzes, ganz sicher aber zu den meistkommentierten in den angeschlossenen „News-Foren“. Jeder Redakteur arbeitet jeden Tag mit Nachrichten, und was hier erscheint, hat Hand und Fuß. Pressemeldungen und Agenturtexte werden gründlich nachrecherchiert und geprüft, bisweilen kommentiert. Ungeachtet des florierenden Internetportals bleiben Artikel aus dem gedruckten Magazin außen vor: „Wir sägen doch nicht an dem Ast, auf dem wir sitzen“, kommentiert Persson die Tatsache, dass sich eine Print-Redaktion nicht aus den Einnahmen der Online-Werbung finanzieren lässt.

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