Etikettenschwindel : Ultra-HDTV hält weniger als das Logo verspricht
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Die neuen Geräte sollen die Bilder viermal feiner rastern als herkömmliche Fernseher der Güteklasse HDTV Bild: AP
Einige Hersteller kleben ihren neuen Super-Fernsehern Etiketten mit goldfarbenem 4k-Schriftzug ans Gehäuse. Dieses vermeintliche Qualitätsversprechen sagt wenig über die Technik aus.
Manche Hersteller kleben ihren neuen Super-Fernsehern Etiketten mit goldfarbenem 4k-Schriftzug ans Gehäuse, andere verwenden in unterschiedlichen Typo-Varianten Kürzel wie Ultra HD oder U HDTV, und gemeint ist immer dasselbe: ein spezielles Qualitätsversprechen. Die neuen Geräte sollen die Bilder viermal feiner rastern als herkömmliche Fernseher der Güteklasse HDTV.
Nur: Welche Technikingredienzen in den neuen Apparaten wirklich stecken - und welche Bildquellen man mit ihnen folglich schon heute oder in naher Zukunft erschließen kann, darüber sagt all dieses Schrifttum nicht aus. Dabei wäre es wichtig, Genaueres über das Innenleben der Fernseher zu wissen. Denn ganz praktisch zeigt sich: Nur ein Bruchteil der neuen Modelle ist in der Lage, ohne weitere Zusatzelektronik zum Beispiel den neuen Ultra-HD-Demokanal des Satellitenbetreibers Astra zu empfangen.
Manche schaffen es noch nicht einmal mit einer passenden Settop-Box. Und längst nicht alle aktuellen Fernseher-Modelle werden in der Lage sein, auf die Mattscheibe zu bringen, was die nächste, Ultra-HD-taugliche Generation der Bluray-Spieler an feinen Bildern ausgibt. Die Ultra-HD-Player kommen voraussichtlich erst Anfang 2016 auf den Markt, aber beim Kauf eines neuen Großbild-Fernsehers kann ein gewisses Maß an Weitblick nicht schaden.
HDMI 2.0 ist zu wenig
Nun soll ein einheitliches Logo das Ende der Unübersichtlichkeit herbeiführen. Es wurde von der Industrie-Organisation Digital Europe entwickelt, zeigt in zwei Zeilen den Schriftzug Ultra HD und links davon ein stilisiertes, aus Punkten zusammengesetztes U. Können Geräte, die sich mit dieser Erkennungsmarke schmücken, nun wirklich alles, was sie können sollten? Grob gesagt, garantiert das Logo Folgendes: Bekommt der Fernseher ein Ultra-HD-Videosignal mit der Pixelauflösung 3840 mal 2160 zugespielt, muss der Bildschirm in der Lage sein, es in diesem Raster wiederzugeben. Die Logo-Anforderungen sind erfüllt, wenn der Fernseher dies mit 24 bis 60 Einzelbildern je Sekunde schafft; eine Mindestfrequenz legen die Spezifikationen nicht fest.
Wichtig auch: Mit dem neuen Logo gekennzeichnete Geräte müssen einen HDMI-Eingang der Version 2.0 haben. Nur diese Schnittstelle transportiert Videos in Ultra-HD-Auflösung mit der Bildwechselfrequenz 60 Hertz. Neben diesen Pflichten gibt es auch Kann-Bestimmungen. Nur optional ist zum Beispiel die jüngste, 2.2 genannte Version des mit der HDMI-Schnittstelle gekoppelten Verschlüsselungsverfahrens HDCP. Ohne diesen verschärften Kopierschutz aber wird kein Hollywood-Studio seine Ultra-HD-Filme in den Fernseher lassen; auch die nächste Bluray-Generation wird HDCP 2.2 unterstützen.
Optional ist auch die Ausstattung mit einem Dekoder für die neue Bildsignalkompression HEVC (auch H.265 genannt), und das kommt schon einer Unterlassungssünde gleich. Denn HEVC zählt zu den Anforderungen der für Ultra HD erweiterten digitalen Fernsehnormen der DVB-Familie. Mit anderen Worten: Ultra-HD-Fernseher ohne HEVC-Dekoderchips können künftige Fernsehprogramme im Ultra-HD-Raster (ebenso wie den bereits sendenen Astra-Demokanal) nur mit Hilfe externer Settop-Boxen empfangen. Und selbst das könnte misslingen, wenn eine veraltete HDCP-Version den Signalfluss sabotiert.
Auch ein anderes Thema bedürfte eigentlich strengerer Festlegungen. Bis heute verarbeiten die meisten Fernsehgeräte Videosignale mit einer Farbauflösung von 8 Bit. Für Ultra-HD-Fernsehen sind aber in einer ersten Phase 10 Bit vorgesehen, später sollen sogar 12 Bit für feinere Farbdifferenzierung sorgen. Das Logo garantiert aber keineswegs eine 10-Bit-Signalverarbeitung. Was passiert eigentlich, wenn höher quantisierte Signale auf einen 8-Bit-Fernseher treffen? Das lässt sich nicht für alle erdenklichen Konstellationen genau vorhersagen.
So bleibt Spielraum für viele Unwägbarkeiten, von denen die Deutsche TV-Plattform, ein Industrieclub zur Koordinierung von großen Medienprojekten, ein Lied singen kann: Der Verein hatte mit etlichen Überraschungen dieser Art zu kämpfen, als er auf der IFA einen eigenen Messestand zur Ultra-HD-Technik einrichtete. Seine Konsequenzen: Plugtests, also Interoperabilitäts-Erprobungen mit allen erdenklichen Fabrikaten, sollen demnächst Fußangeln identifizieren und Abhilfe ermöglichen.
Eines allerdings kann man schon vor dem Abschluss solcher Testreihen sagen: Die Anforderungen des Ultra-HD-Logos sind zu lasch, um den Käufern neuer Fernseher wirklich Zukunftssicherheit zu garantieren. Sie erinnern an das Logo HD-Ready, das seinerzeit die Fähigkeit garantierte, HD-Bilder darzustellen, Empfangsfragen aber vorerst ausklammerte. So bleibt zu hoffen, dass Logos mit strengeren Anforderungen schon bald folgen.