Abstinenz und gute Vorsätze : Nie wieder Dry December!
- -Aktualisiert am
Weihnachtsfeier? Kann schnell mal feucht-fröhlich werden. Bild: picture alliance / Zoonar
Heute trinke ich mal nichts – das sagte sich unsere Autorin fünf Wochen lang. Ausgerechnet im Dezember. Dann doch lieber Dry January!
Der Januar bietet sich ja bekanntlich an für Abstinenz jeglicher Art: Verzicht auf Fleisch, Verzicht auf Kohlenhydrate, Verzicht auf Make-up und Verzicht auf Spaß stehen bei vielen Feiertieren, die noch von Weihnachtsfesten gebeutelt sind, auf dem Neujahrsmenü. Das nennt sich dann zum Beispiel „Veganuary“ und ist sicher gut, sowohl für den After-Weihnachtsbraten-Body als auch für die Umwelt. Oder eben der Klassiker: der Dry January.
Auch der ist durchaus sinnvoll: Im Dezember schwimmt man nur so in Gelagen, tingelt von Weihnachtsfeier zu Weihnachtsfeier, betäubt den Kater schon beim Adventsbrunch am nächsten Morgen mit Konter-Sekt und muss sich manchmal auch die Verwandten an den Feiertagen netter trinken. Dann noch Silvester – und schon hat man einen ganzen Monat viel zu viel und viel zu regelmäßig gesoffen. Im Anschluss also einen Monat Alkoholabstinenz, so der Gedanke.
Ich hab’s im vergangenen Jahr versehentlich falschherum gemacht: Dry December – und wie dry der war. Nach einem gelungenen Sessionsauftakt in Köln brauchte ich dringend eine Pause – und verkündete vollmundig, „bis Weihnachten“ (das lässt sich glücklicherweise großzügig auslegen) auf Alkohol zu verzichten. Zunächst war das überhaupt nicht schwer. Als Wahlkölnerin bin ich oft gut gelaunt, bin gern unter Leuten und brauche wie ein wandelndes Klischee wirklich keinen Alkohol, um Spaß zu haben – gute Gesellschaft reicht mir.
Dann begann die Adventszeit
Ich feierte den 35. Geburtstag meines Freundes alkoholfrei, ging auf Kneipenabende, ohne auch nur einen Tropfen Alkohol zu konsumieren und blieb bei unserem Ressortweihnachtsessen Anfang Dezember nüchtern. Ich will nicht angeben, aber: alles kein Problem!
Doch dann begann die Adventszeit und mit ihr kam eine Weihnachtsfeier nach der anderen. In der F.A.Z. wurden Vorbereitungen für unseren lang ersehnten Umzug getroffen, was beinahe täglich nur eines bedeutete: Abriss-Party! Ich ging tapfer überall hin. Während ich aber auf den ersten Feiern noch nahezu euphorisch ob meiner Willenskraft und der überhaupt nicht fehlenden guten Laune auf Tanzflächen rannte und laut gackernd in laut gackernden Menschentrauben verharrte, wurde ich auf Dauer müde.
Ich ertappte mich dabei, wie ich bei einer eigentlich sehr schönen Feier von 20 Uhr an dauernd auf die Uhr schielte. Wie ich zwar noch halbherzig mittanzte, wenn ein Lied von Taylor Swift lief. Wie ich aber auch immer wieder für mich dachte: Eigentlich passiert seit Stunden nichts Neues mehr. Eigentlich drehen wir uns (nicht nur buchstäblich) im Kreis. Irgendwann schaute ich zu meiner Kollegin hinüber, die mit leicht geöffnetem Mund und verschwommenem Blick vollkommen verzückt vor sich hintanzte und eben, Taylor-Style, alles off-shakete und wegschüttelte. Sie fand die Party super. Und ehrlich gesagt: Ich dagegen langweilte mich.
Das ist natürlich eine schaurige, eine im wahrsten Sinne des Wortes ernüchternde Erkenntnis: Ich, die ich Feste und Feiern liebe, amüsiere mich unter anderem auch deswegen jedes Mal so gut, weil ich gern zwei, drei Gläser Sekt dabei trinke. Das ist sicher nicht schlimm, aber besser wär’s doch ohne, oder? Ich habe für 2023 ein neues Vorhaben: Ich tue fortan alles in Maßen. Das gilt nicht nur fürs Trinken, sondern auch fürs Verzichten. Der Dry January kann also kommen, einen trockenen Dezember kann ich hingegen nicht empfehlen: Die Abstinenz hielt ich fünf Wochen durch.
Für die letzten beiden Weihnachtsfeiern habe ich mein selbstauferlegtes Verbot dann nämlich aufgehoben. Der Kater war fürchterlich.