Büromode : Uniform, aber mit Unterschieden
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Einteiler: In der Abendgarderobe hat er schon Platz. Das Label Si Beau schickt ihn zusammen mit dem Kleid ins Büro. Bild: Uwe Duettmann
Was anziehen, wenn es nach Monaten im Homeoffice wieder Richtung Meeting und Schreibtisch geht? Für Frauen ist das Angebot noch immer überschaubar. Einige Designerinnen arbeiten daran, diese Lücke zu schließen.
Wenn Amber Duettmann früher nicht arbeitete, dann verbrachte sie viel Zeit in der Innenstadt. Die Samstage vergeudete die ehemalige Strategin einer Unternehmensberatung dort, erzählt sie. Damals war sie auf der Suche nach Kleidern, die ihr gefielen und die dem gängigen Dresscode ihres Arbeitgebers entsprachen.
Duettmann war an einem Ort tätig, an dem ihre Kollegen Maßanzug trugen. Sie selbst schwitzte häufig im Büro und auf Reisen in unbequemer Kleidung. Duettmann fand es schwierig, etwas zu finden, was sie wirklich mochte und in dem sie sich nicht verkleidet fühlte. „Im Fast-Fashion-Bereich, also bei den großen Ketten, waren die Materialien oft nicht hochwertig und unter Bedingungen produziert, die ich nicht unterstützen wollte. Auch die Schnitte waren unförmig. Vieles war zu bieder und maskulin. Blazer, zum Beispiel, die saßen einfach nicht.“
Bequem, pflegeleicht, auf den weiblichen Körper zugeschnitten? Häufig dreimal Fehlanzeige
Nachdem viele Arbeitnehmer die vergangenen Monate nicht im Anzug und Kostüm in Bürotürmen verbracht haben, sondern in Jogginghose und allenfalls im halbwegs repräsentativen Oberteil für die Zoom-Konferenz am Esstisch saßen, dürfte besonders Frauen bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz ein bislang ungelöstes Problem umso bewusster werden: Bürotaugliche Mode sieht häufig offiziell aus. Aber Ansprüche daran, dass sie bequem ist, pflegeleicht und zudem noch in dem Maße auf den weiblichen Körper zugeschnitten, wie das bei dem Pendant für Männer der Fall ist, können Frauen häufig nicht stellen.
An diesem Punkt setzten Amber Duettmann, 27 Jahre alt, und ihre heutige Geschäftspartnerin Valentina Harrendorf, 28, an. Vor einem Jahr gründeten sie ihr Modelabel Si Beau in Berlin. Über den Onlineshop verkaufen sie bezahlbare, feminine Hosen, Blazer, Jumpsuits, Strickoberteile und Röcke aus Stoffen, die nicht knittern, einengen, kratzen und die man in der Waschmaschine reinigen kann.
Immer mehr junge Labels richten sich an eine immer größere Zahl an Kundinnen
Der Name Si Beau ist eine Hommage an die französische Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir. Es ist nicht das einzige Label, das von einer Nische aus eine große Anzahl an Kundinnen bedienen möchte. Dai aus London gehört dazu, dessen Gründerin Joanna Dai zuvor acht Jahre lang in der Finanzwelt in New York und London arbeitete. Und This is Her, eine junge Marke aus Berlin.
Dass Businessmode für Frauen zunehmend ein Thema ist, bemerkte auch Valentina Harrendorf früh. Damals arbeitete sie für einen Münchner Herrenausstatter und lernte Maßschneiderei – für Männer. Immer wieder wurde sie allerdings auch von Frauen angesprochen, ob sie nicht auch für sie fertigen könne. „Ich hatte vorher nie drüber nachgedacht, dass es Frauen schwerer haben“, sagt Harrendorf bei einem gemeinsamen Treffen mit Duettmann in einem Hamburger Café.
Im Jahr 2018 kündigten Harrendorf und Duettmann ihre festen Jobs, um sich dem Vorhaben Businessmode zu widmen. Ein Jahr später wurden sie im Bundeskanzleramt schon von Kulturstaatsministerin Monika Grütters als „Kultur- und Kreativpiloten 2019“ ausgezeichnet. Der Preis geht an Unternehmen, die den gesellschaftlichen Wandel vorantreiben.