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Valentinstag : Statt Blumen

Minibescherung oder Geschenkehölle? Valentinstag ist nicht mehr nur Fest der Liebe Bild: Hersteller

Haben Sie zum Valentinstag Rosen, Prosecco oder Pralinen bekommen? Oder doch die knallrote Ledertasche, ein Paar Schuhe mit persönlicher Botschaft, den Kaschmirpullover mit Herz-Motiv? Die Mode feiert die Feste längst so, wie sie fallen.

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          Das Paar Schuhe sollte eine Liebeserklärung sein. François du Chastel arbeitete vor einigen Jahren als Investmentbanker bei Merrill Lynch in London und war verliebt. Er war so sehr verliebt in seine damalige Freundin, die leider in Paris wohnte, dass er extra für sie ein Paar Loafer entwerfen ließ. Auf das Futter des einen Schuhs schrieb er: „Ich halte es nicht aus...“, auf das Futter des anderen: „...so weit entfernt von dir zu sein“. Ein Spruch von Victor Hugo. Die Schuhe waren rot und aus Samt. „Die gefielen ihr gut, aber von mir trennte sie sich trotzdem“, erzählt Chastel heute, wenige Jahre später. „Sie hat mir das Herz gebrochen.“

          Jennifer Wiebking
          Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Als dann kurz darauf Chastels Investmentbank von der Bank of America aufgekauft wurde, zog der Franzose aus seiner Wohnung zwischen Sloane Square und Pimlico aus und zurück nach Paris. „Ich wollte ohnehin nicht mein Leben lang Banker sein. Mit Schuhen hatte ich bis dahin beruflich zwar gar nichts zu tun gehabt, aber mindestens einer Frau gefiel die Idee ja schon.“ Also gründete Chastel ein eigenes Schuhlabel: Chatelles. „Ich stellte einen Schuhdesigner an und ein Team zusammen. Seit drei Jahren produzieren wir jetzt Schuhe.“

          Seit drei Jahren bringt François du Chastels Marke auch immer zum Valentinstag ein Extramodell heraus. Es ist rot und aus Samt, und im Futter steht, wie in jedem Paar der Marke, auf Französisch: „Ich halte es nicht aus, so weit entfernt von dir zu sein.“ Das Paar Schuhe als Liebeserklärung, als eine von vielen möglichen an diesem heutigen Valentinstag. Seit Wochen wird darauf hingewiesen, auf Kreidetafeln von Concept-

          Stores, auf Plastikbannern von großen Bekleidungsketten, im Internet: Am 14. Februar ist Valentinstag. Selbst die Ölmassage im Fitnessstudio soll am Valentinstag als Liebesaufmerksamkeit taugen.

          Längst nicht mehr nur der Tag der Liebe

          Der Valentinstag ist längst nicht mehr nur der Tag der Liebe. Jener Termin, der auf den Bischof Valentin von Terni zurückgehen soll, der etliche Bürger durch Krankenheilung zum Christentum bekehrte und dafür im dritten Jahrhundert nach Christus hingerichtet wurde; der – der Legende nach – auch Paare trotz des kaiserlichen Verbots nach christlichem Glauben traute und sie mit Blumen aus seinem Garten beschenkte. Der Tag, an dem eben gemäß des katholischen Heiligenkalenders dieses Märtyrers gedacht wird, ist auch nicht mehr nur zum Tag der Blumen- und Süßwarenhändler verkommen. Aus dem Valentinstag ist überhaupt ein Fest des Konsums geworden, eine Art Minibescherung. Oder eben eine systematisierte Geschenkehölle, je nach Einstellung gegenüber Kleinigkeiten in Knallrot.

          Britta Hall, die bei der Wäschemarke Hunkemöller aus den Niederlanden für das Einkaufserlebnis der Kunden in den knapp 750 Filialen auf der Welt verantwortlich ist, kann selbst nicht mehr durch die holländischen Fußgängerzonen laufen, ohne an jeder Ecke auf den Valentinstag hingewiesen zu werden. Die Botschaft: Weihnachten ist schon lange genug vorbei, und bis zum Frühling dauert es noch – wie also wäre es mal wieder mit Geldausgeben, wenn auch bei Kälte und Nieselregen? Der Valentinstag ist eine Art Konjunkturprogramm in mauen Wochen. „Auch die Sales-Vorgaben steigen in dieser Zeit“, sagt Hall und meint damit, dass die einzelnen Filialen um den Valentinstag herum immer mehr Umsatz machen müssen. So kam Hall auf die Idee eines Schaufensterwettbewerbs. Jeder konnte sich bewerben, um für eine Hunkemöller-Filiale die Valentinstags-Deko zu entwerfen. Am Ende gewann eine niederländische Ernährungswissenschafts-Studentin mit der Idee, in das Schaufenster einen Spiegel zu stellen. „Sie hat keinen Partner, und ihr Konzept ,Note to Self‘ soll Kunden wie sie ansprechen.“

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