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Innovatives Möbelstück : Ein kompakter Mikroarbeitsplatz

Ein Sitz-Tisch-Einteiler: Das namenlose Möbelstück vom badischen Büromöbel-Herstellers Sedus Stoll und der Offenbacher Designerschmiede Aroma:id Bild: Sedus Stoll

Das Möbelstück wirkt, als wäre es sehr spontane Antwort auf die Pandemie. Dabei steckt hinter dem portablen Arbeitsplatz eine ganz bodenständige deutsche Industriegeschichte – nur ein Name fehlt ihm noch.

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          Ist das der Plastikmüll der Zukunft oder das genialste Möbelstück in Zeiten von Corona-Abstandsregeln? Das Ding, für das es noch nicht einmal einen Begriff gibt, spricht doch eine eindeutige Sprache. „Setz dich einfach“, sagt es, „leg dein Tablet ab oder deinen Notizblock.“ Aber: Ist das vielleicht ein Täuschungsmanöver? Hält das Ding überhaupt, was es verspricht? Oder wackelt es wie verrückt, wenn man voller Energie zu schreiben anfängt? Verirrt man sich, wenn man versucht, seine langen Beine hineinzuschlängeln? Ist es diskriminierend, weil kleingewachsene Personen gar nicht wirklich sitzen können?

          Susanne Preuß
          Wirtschaftskorrespondentin in Hamburg.

          All das ist natürlich längst durchdacht. Denn wenn es auch wirkt, als wäre das Ding eine sehr spontane Antwort auf die Pandemie, so steckt doch eine ganz bodenständige deutsche Industriegeschichte dahinter – nämlich die Kooperation des traditionsreichen badischen Büromöbel-Herstellers Sedus Stoll mit der Offenbacher Designerschmiede Aroma:id. Deren Gründer Karsten Küber versteht sich als Industriedesigner auch als Vorausdenker: „Wir müssen Lösungen für das finden, was erst noch wird.“ Die Disruption der Bürowelten habe zwischen Tisch, Stuhl und Regal neue Räume geschaffen, sagt Küber, und bei den Bürospezialisten von Sedus Stoll stieß er damit auf offene Ohren. Dort weiß man genau, was alles im Umbruch ist zwischen Aktenschrank und Rollcontainer. Nur wer flexibel und agil ist, kann im globalen Wettbewerb mithalten, und in Zeiten horrender Immobilienkosten gilt das auch fürs Mobiliar.

          Nach dem Vorbild des Skriptoriums

          Mit Se:note, wie das Tisch-Stuhl-Möbelstück aus sechs Kilogramm Polypropylen bei Sedus Stoll heißt, lässt sich jedenfalls schnell eine Workshop- oder Konferenz-Situation zaubern, in der niemand stehen oder seinen Laptop auf den Oberschenkeln balancieren muss. Wenn die spontane Versammlung vorbei ist, können die Teile ineinandergeschoben leicht und schnell verstaut werden – nach vorheriger Desinfektion, versteht sich.

          Wenn sich Mittelstand und Design zusammentun, dann entsteht dieses so rätselhafte wie praktische, ja, was? Ding!
          Wenn sich Mittelstand und Design zusammentun, dann entsteht dieses so rätselhafte wie praktische, ja, was? Ding! : Bild: Sedus Stoll

          Bleibt die Frage, wie man das Ding nun überhaupt nennt. Ernst Holzapfel, Marketing-Chef von Sedus Stoll, hat die Herausforderung Namenssuche angenommen. Sein Anknüpfungspunkt war die Kultur der Klöster, ihm schwebte das Skriptorium vor. Nicht zuletzt wegen seines beruflichen Werdegangs mit Architekturstudium in Florenz kam Holzapfel schnell zu Scrittorio und ist doch auch damit noch nicht zufrieden. „Die Archetypen-Findung“, sagt er seufzend, „ist eine Meisterleistung.“

          Vorläufig ist das Ding im Sedus-Prospekt also ganz nüchtern das, was der ursprüngliche Entwicklungsauftrag war: ein „kompakter Mikroarbeitsplatz“. Vielleicht nimmt der sperrige Sedus-Name Se:note ja doch noch den Weg, den einst die Bezeichnung Tempo vorgemacht hat: zum „Gattungsbegriff“ für Papiertaschentücher zu werden. Ein Traum für einen Mittelständler – der jedoch nur funktioniert, wenn es eben nicht um Plastikmüll geht, sondern um eine geniale Lösung für ein Problem, das es noch gar nicht so lange gibt.

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