Modelabel geht nach London : Abschied von Achtland
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Designer-Duo: Oliver Lühr und Thomas Bentz (v. l.) Bild: Helmut Fricke
Eines der besten jungen Labels kehrt Deutschland den Rücken. Für die Modestadt Berlin ist das ein Menetekel.
Das hat der Berliner Mode gerade noch gefehlt. Nachdem sich einige große Marken von der Modewoche zurückgezogen haben, scheinen sich nun auch die Nachwuchsdesigner neu zu orientieren: Die Marke Achtland zieht aus der deutschen in die britische Hauptstadt. Das bestätigten Thomas Bentz und Oliver Lühr, die das Label in den vergangenen drei Jahren in Berlin aufgebaut haben, FAZ.NET in der Nacht zum Donnerstag. Schon Ende März wollen sie umziehen. Ausgerechnet nach London!

Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.
„Wir brauchen eine Plattform für den Zugang zu internationalen Einkäufern“, sagen der 33 Jahre alte Lühr, der das Design verantwortet, und der 34 Jahre alte Bentz, der fürs Geschäftliche zuständig ist. „Das ist uns aus Berlin heraus ganz klar nicht gelungen. Darauf müssen wir nach drei Jahren aber zumindest eine Aussicht haben.“
Label für anspruchsvolle Kunden
Für die Berliner Mode ist der Abgang ein Menetekel. Das Label ist zwar nur klein und dem großen Publikum kaum bekannt. Aber die in Deutschland produzierten Stücke werden zu großen Teilen in Handarbeit gefertigt und richten sich mit hohen Preisen an die anspruchsvollsten Kundinnen. Insofern symbolisiert Achtland den Aufstieg der Berliner Mode von der Street- und Urbanwear in die „High Fashion“. Das zeigt sich zum Beispiel in der Kollektion für dieses Frühjahr, in der eine Jacke aus Seidenplissees aufwendig bemalt, zerrissen, genäht und bestickt wurde.
Nicht, dass die deutsche Kundin nicht reif wäre für solche besonderen Teile mit vierstelligen Preisen: „Privat bekommen wir sehr viele Anfragen“, sagt Thomas Bentz. Aber die deutschen Modeläden halten sich merklich zurück, obwohl Achtland von „Vogue“-Chefin Christiane Arp protegiert wird und sich zum Beispiel im Münchner Kaufhaus Lodenfrey gut verkauft. Die Designer wurden Opfer der Unsicherheit im Modehandel, der nur dann zu teuren Marken greift, wenn sie auch bekannt sind – also zumeist aus Italien oder Frankreich stammen.
Schwäche der deutschen Modebranche
„Wir haben hart daran gearbeitet, die deutschen Einzelhändler zu überzeugen“, meinen Lühr und Bentz. „Aber sie glauben nur an eine Marke, wenn sie international funktioniert.“ Die Schwäche der deutschen Modebranche zeigt sich besonders bedrückend im Vergleich mit der britischen Marktmacht. Die London Fashion Week hat in den vergangenen Jahren nicht nur Designer von Weltrang wie Mary Katrantzou, Peter Pilotto, Erdem oder Christopher Kane hervorgebracht – sondern sie auch gleich stark mit dem Handel verbunden, nicht nur mit der Presse.
Berliner Modewoche : Abenteuer Markenaufbau
Die Achtland-Gründer sind sich bewusst, dass in London der Markt für ihr Produkt ebenfalls eng ist: „Dort wartet niemand auf uns“, sagen sie nüchtern. Aber weil beide lange in London gelebt haben (Lühr acht, Bentz neun Jahre lang) und auch schon eine Wohnung im Stadtteil Islington gefunden haben, hoffen sie, schnell Anschluss an die boomende Szene zu finden.
„Internationaler Kontext hilft“
„Der internationale Kontext hilft dabei, wahrgenommen zu werden“, meinen Lühr und Bentz. In Deutschland seien zwar die Reaktionen auf ihre Schau bei der Berliner Modewoche im Januar hervorragend gewesen. „Aber über die deutschen Grenzen hinweg hat es kaum Resonanz gegeben.“ Berlin werde sich schon zu einer internationalen Plattform entwickeln. „Aber erst einmal nicht in dem Preissegment, in dem wir uns bewegen.“
Hoffnung auf Erfolg haben sie im Gepäck. Ermutigt wurden sie vergangene Woche in Mailand, wo sie sich auf einem Nachwuchs-Event der italienischen „Vogue“ und der Website Yoox präsentieren durften. „Dort haben wir eine Reihe von guten Kontakten bekommen – und ein bisschen Rückenwind für unser Vorhaben.“ Den können sie gut gebrauchen auf der stürmischen Insel.