Spanische Sozialisten im Moderausch : Zapateros Modepüppchen
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Stilikone mit Stellvertretrinnen Bild: dpa
Lederjacke ade: Die spanischen Sozialisten sind stylish geworden. Ob Verteidigungs- oder Kulturministerin, die Damen um Ministerpräsident Zapatero entdecken ihre modische Seite und hoffen damit auf Wählerstimmen.
Wenn spanische Sozialisten an die Macht gelangen, werden sie schick. Bei den Männern verschwinden als Erstes die bunten Hemden, dann die Koteletten, die vereinzelten Ohrringe und schließlich jene Lederjacken, in denen sie sich am Wochenende für die Unterbezirksversammlung der Partei als Hilfskapo der Bauarbeitergewerkschaft zu verkleiden pflegten. Steigen sie dann sogar bis in den Ministerrang auf, muss der Maßschneider ran. Damit aber auch das, was aus dem Anzug herausragt, gefälliger wird, geht es sogleich weiter zu Optiker, Zahnarzt und Frisör.
Krise hin, Krise her: Image und der Glamour-Faktor bestimmen in einem Maße das Auftreten der regierenden Klasse Spaniens, dass dahinter die Hoffnung auf dankbare Wählerstimmen vermutet werden muss. Die individuellen Metamorphosen sind in Madrid seit dem Regierungswechsel vor sechs Jahren in zahlreichen Varianten zu bestaunen. Nur einer hatte sich schon vorher geändert: Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero. Er soll schon als Oppositionsführer einen Valet, Stylisten und Imageberater beschäftigt haben. So verwundert es nicht, dass er auch als Regierungschef der Eleganteste in seinem Kabinett geblieben ist. In seiner Freizeit zeigt er bei den Boss-Jeans solide Markentreue. Ansonsten geriet seine Mode-Optik nur einmal ins Wanken, als er mit seinen Gothic-Töchtern in Washington Freund Barack Obama besuchte. Die beiden Teenager trugen im Weißen Haus - zum amüsierten Entsetzen des spanischen Fernsehpublikums - eine so rabenschwarze Kluft, als wären sie gerade von einer Halloween-Party gekommen.
Die Windjacke wich dem Einreiher mit weißem Hemd
Unter den sozialistischen Politikern selbst sind wesentliche Verbesserungen zu registrieren. Zahnlücken wurden geschlossen, gelbgrüne Raucherstummel verkront oder zumindest poliert. Sogar José Blanco, Zapateros Stellvertreter als Parteivorsitzender, war kaum wiederzuerkennen, als er das Ressort für öffentliche Bauarbeiten übernahm. Die Windjacke wich dem Einreiher mit weißem Hemd und gedeckter Krawatte. Nur die Brille mit dem Kassengestell war geblieben. Bis jetzt. Nun operierte ihn der Augenarzt des spanischen Jetsets in Asturien, um die Gläser überflüssig zu machen. So kann Blanco, von dem man munkelt, er sei ein möglicher Nachfolgeinteressent für den von der Wirtschaftskrise gebeutelten Zapatero, seine Chancen mit bloßem Auge neu einschätzen.
Was Brillen, Haare und Bärte angeht, so sind auch die Regionalnationalisten gegen keine Verschönerung gefeit. Da ist der Katalane Josep Antoni Duran i Lleida, der zugibt, dass er von seiner Glatze durch muntere Gestelle ablenken möchte. Er, Sprecher seiner Fraktion im Parlament, hat sogar für jeden Tag des Jahres eine andere Brille vorrätig. Dann war da ein Baske, dem nur drei lange Fu-Man-schu-Haare auf dem Haupt geblieben waren. Diese arrangierte der Sprecher der Nationalistischen Partei aber kreuzweise wechselnd so kunstvoll, dass ihm immer schon vor Beginn seiner Ansprachen der einhellige Beifall des Hohen Hauses sicher war.
Sozialistische „Fashionistas“ sind die Stars
Keinerlei Beitrag zu irgendeiner Art von Modebewusstsein leistet hingegen der konservative Oppositionsführer Mariano Rajoy. Der Vorsitzende des Partido Popular ist zwar, seit sein Struppi-Vollbart fast gänzlich ergraut ist, oben nachgedunkelt. Ansonsten ist aber alles von der Stange.
Nichts davon gilt für Zapateros weibliche Ministerriege. Sie ist die eigentliche Augenweide für die staunenden Betrachter. Neun Ministerinnen - paritätisch besetzt neben neun Ministern - verblüffen vom ersten Amtstag an mit ihrem Mut zu Farbe, (Aus-)Schnitt und teuren Designer-Labels. Die sozialistischen „Fashionistas“ sind die eigentlichen Stars auf dem nationalen Laufsteg.
Die Konservativen sind ein modisches Desaster