Karl Lagerfeld : Der Kaiser für alle
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Saint-Germain-de-Pret-à-porter: Karl Lagerfeld stellt eine neue Linie vor Bild: Reuters
„Der Karl hat da was vor“: Karl Lagerfeld stellt in Paris seine beiden neuen Modelinien vor. Sie sind für alle gedacht und werden schon bald in Kaufhäusern zu haben sein.
Die Idee hatte mal wieder Anna Wintour. Die Chefin der amerikanischen „Vogue“ und oberste Mode-Netzwerkerin rief Natalie Massenet an, die Gründerin der Designermode-Website Net-a-porter. Ihr Hinweis: „Der Karl hat da was vor.“ Der kleine Satz reichte, eine Maschinerie in Gang zu setzen. Ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte die Operation, als Karl Lagerfeld am Mittwoch um 16.30 Uhr vor dem Café Deux Magots „Karl“ vorstellte - und 50.000 Menschen in aller Welt vor dem Computer saßen, um dabei zu sein, wie er mit einer i-Pad-Berührung die neue Modelinie im Netz zum Verkauf freigab.
War es ironisch gemeint? Oder gar böse? Seinen abermaligen Anlauf, ein eigenes Modehaus diesseits seiner Arbeit für Chanel und Fendi aufzubauen, legte Lagerfeld ausgerechnet in die Haute-Couture-Woche. Während ein Seidenkleid beim Kaiser für alle 180 Euro kostet, kann es in der hohen Schneiderkunst gerne mal das Hundertfache sein - dann allerdings aufwendig verarbeitet und bestickt.
Bald auch in Kaufhäusern
„Karl“, zunächst nur für Frauen, wird vier Wochen lang exklusiv über Net-a-porter vertrieben und dann auch in Kaufhäusern zu haben sein, in Deutschland bei Breuninger. Die ebenfalls neue Linie „Karl Lagerfeld“, für beide Geschlechter, in Lizenz vom italienischen Konzern Ittierre produziert und vertrieben, ist erst vom Herbst an für zwischen 300 und 1000 Euro in den Läden zu kaufen. Die beiden Linien treten zu der schon seit langem von der F.D. Fashion Design Herrenmode GmbH in Miltenberg in Lizenz herausgegebenen Herrenlinie „Lagerfeld“. F.D.-Geschäftsführerin Caroline Kaiser sieht diese Linie, die 400 Teile umfasst und erfolgreich an 600 Händler (allein 120 in Frankreich) vertrieben wird, durch die beiden neuen Projekte nicht in Gefahr: „Wir bekommen jetzt eben zwei Geschwister.“
Und Pier Paolo Righi, Chef der Karl Lagerfeld B.V. (Hauptanteilseigner ist das Beteiligungsunternehmen Apax), befürchtet zum Start der beiden neuen Linien höchstens, dass ihm wegen des Massenandrangs die Ware ausgehen könnte. Righi kann sich weitere Lizenzen und dreistellige Millionenumsätze in nicht allzu ferner Zukunft vorstellen. „Die Marke hat eine große Tragkraft“, sagt der 44 Jahre alte Manager bei der Präsentation im neuen Hauptquartier an der Rue St. Guillaume im siebten Pariser Bezirk, wo Lagerfelds Studio sowie die Marketing- und die Presseabteilung residieren; die Holding sitzt in Amsterdam.
Die meisten der 70 „Karl“-Entwürfe sind im typischen Schwarz-Weiß-Look Lagerfelds gehalten, aufgelockert vor allem mit Beschichtungen und der Farbe Rot. Auffällig sind die einzeln zu kaufenden Kragen aus Leder oder Baumwolle.
Der Zuspruch scheint groß zu sein. Als am Mittwochabend der Neustart mit einem Dinner für 60 Gäste gefeiert wird, hat Massenet schon nachgerechnet, dass Tausende Teile verkauft wurden. Schließlich war der Online-Verkaufsstart nicht umsonst auf 16.30 Uhr gelegt worden. Um diese Zeit erreicht man im Netz die meisten Kunden, weil die amerikanische Westküste schon aufgestanden ist und japanische Shopaholics noch nicht im Bett sind.