GNTM-Kolumne : Finaaaaale, oho!
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Mutter und Tochter: Leni Klum ist in dieser Woche Gastjurorin bei Germany’s next Topmodel. Bild: ProSieben/Sven Doornkaat
Die 16. Folge von Germany’s Next Topmodel ist eine rührselige Familienzusammenführung. Außerdem wird es nochmal brandheiß: Wer kann auch mit Feuer unterm Hintern laufen und wird ins Finale einziehen?
Sechszehn Wochen Tränen, Drama, Zickenkrieg, Enttäuschungen und Wut liegen hinter uns. Und neben den Reaktionen auf diese Kolumne gab es ja auch noch die Models bei GNTM. Hoffnungsfroh in Griechenland gestartet, gelang zumindest Anita, Lieselotte, Noëlla, Luca, Lou-Anne und Martina der Durchmarsch bis ins Halbfinale. Ein Drittel der Semifinal-Teilnehmerinnen sind Best Ager, ein Drittel ist blutsverwandt, eine Kandidatin nur 1,65 Meter groß. Vor lauter Diversity fühlt sich das Klischee des großen, dürren, blonden Lena-Gercke-Klons, das dieses Format maßgeblich geprägt hat, bereits wie ein alter, weißer Mann.
Als das Eintracht Frankfurt der 2022er Staffel GNTM darf sich vor allem die 66-jährige Lieselotte fühlen. Angetrieben von Heidi Klum (dem Oliver Glasner der Modelbranche) hat sie eine Transformation durchlebt, gegen die Fynn Kliemanns Verwandlung vom Vorzeige-Gutmenschen zum Kim Jong-un der Social Media Bubble wirkt, wie zwei Songs von Modern Talking: Mit bloßem Gehör nicht auseinander zu halten.
Motivation aus der Heimat
Hatte Lieselotte in der ersten Hälfte der Topmodel-Saison noch bei jedem Catwalk-Auftritt den oft etwas verstörenden Eindruck hinterlassen, sie würde GNTM mit einem Ausbildungsprogramm für pantomimische Improvisation verwechseln, kassierte sie in den vergangenen Wochen von Heidi Klum stets größere Lobhudeleien als Richard David Precht von Markus Lanz. Zur Belohnung gibt es heute eine Videobotschaft ihres Sohns Patrick. Mithalbfinalistin Martina attestiert staunend, der wäre „so süß wie Thomas Hayo“. Wie sie darauf kommt, bleibt ihr Geheimnis. Patrick trägt kein Schwarz und spricht statt Denglish eher Berlinerisch. Aber gut, so wie Martina mit ihrer Tochter Lou-Anne mitunter umgeht, könnte man vermuten, sie hätte sich schon immer mal einen Sohn gewünscht.
Aber auch die anderen Kandidatinnen dürfen sich über motivatorische Worte aus der Heimat freuen. Anita etwa geht der Clip ihrer besten Freundin auch strategisch ans Herz: „Ich habe mich über ihr Gesicht gefreut“. Verständlich. Gerade als Model kann es nie schaden, ein Ersatzgesicht parat zu haben. Der Freund von Luca hingegen hat vor lauter Aufregung Wortfindungsstörungen und nennt eine Pole-Stange versehentlich Strip-Stange. Warum er mit seiner Freundin, die er seit 16 Wochen nicht gesehen hat, in der Öffentlichkeit als erstes über erotische Stimulationstänze mit Entkleidungshintergrund sprechen möchte, bleibt unklar.
Das Shooting am Folgetag beginnt ebenfalls erkenntnisreich: Lieselotte spricht zwar kein Englisch, aber dafür auch kein Kleidisch. Beim traditionellen Outfitcheck vor dem Styling erklärt sie jedenfalls: „Also ich kann das Kleid nicht verstehen“. Da hilft auch Google-Translate nicht. Selbst die Hoffnung, Mario Barth könne eventuell den Gastjuror geben und mit seinem neuen Buch „Kleid – Frau; Frau – Kleid“ helfen, zerschlägt sich schnell. Barth verfügt nämlich beim Thema Modeln über noch weniger Expertise als beim Thema Comedy.
Statt Barth hat Heidi Klum daher jemanden dabei, der „Kennta Kennta“ nur als Imperativ beim Kanufahren kennt. Germany´s Next Toptochter Leni Klum. Abgerundet wird die rührselige Familienzusammenführung von Fotograf Kristian Schuller, den Heidi Klum während der letzten 17 Jahre letztendlich öfter gesehen hat als den leiblichen Vater von Leni. Im Synapsen-Kollaps dieser Überdosis Anverwandtschaft zittert man einige unruhige Minuten lang, es könne jeden Moment spontan Tom Kaulitz ins Bild springen und die neue Tokio Hotel Single „Ich habe heute leider kein Foto für Dich“ performen.
Ein Stuhl, der Deinen Namen trägt
Entdramatisiert von der behaglichen Aura des „Bring your Family to Work”-Days verläuft das Halbfinale ungewöhnlich harmonisch. Leni Klum liebt die Kulisse, Lieselotte, Kristian Schuller, Anita und vor allem die künstlichen Nägel ihrer Mutter. Der vorläufige Entzückungs-Höhepunkt ist erreicht, als Leni fassungslos vor Euphorie kreischt: „Da ist ein Stuhl mit meinem Namen drauf!“ So viel Begeisterung für etwas, auf dem „Leni“ steht, gab es nicht mehr, seit Flavio Briatore 2009 Seals Adoptionsantrag in der Post hatte.