Geht auch ohne Krawatte: Die Mailänder Modemarke Boggi macht Businessmode für Männer. Bild: Hersteller/Boggi
Trend in der Businessmode : „Einstecktücher und Halstücher werden mehr“
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Paolo Selva ist Unternehmer und Modefachmann. Im Interview spricht der Italiener über seine Arbeit bei Boggi, deren Expansion in Deutschland und neue Trends in der Businessmode.
Herr Selva, Sie sind seit 13 Jahren als Geschäftsführer bei der Herrenmarke Boggi tätig. Hier in Mailand leben wohl die am besten angezogenen Männer der Welt. Was haben Sie da noch zu tun?

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Auch der Mailänder Mann hat sich verändert. Auch er hat weniger Zeit, und dieser Tatsache muss sich die Mode stellen. Sie ist praktischer geworden. Man darf nicht vergessen, dass Männer zunehmend Wert auf bequeme Stücke legen.
Die Casualisierung schreitet voran?
Auch in Jeans kann man gut aussehen. Im nächsten Jahr lancieren wir Hosen, die garantiert fleckenfrei bleiben. Schütten Sie ruhig mal Kaffee darüber, lassen Sie sie ein paar Minuten liegen, einmal darüberwischen, und alles ist weg.
Alltagstauglichkeit passt also zu dem Stilgefühl, auf das angeblich viele Männer heute zunehmend Wert legen?
Beides geht zusammen. Darüber machen wir uns jetzt mehr Gedanken. Denn für die Kunden ist Zeit der echte Luxus. Unseren Anzug sollen Sie auch in die Waschmaschine legen können, und er soll dann trotzdem so gut aussehen wie einer, der nur gereinigt werden darf.
Sehen das Männer überall auf der Welt so?
In den Vereinigten Staaten und in Europa beschäftigt uns das seit drei, vier Jahren. Aber auch in Asien wird der Trend wichtiger.
Wenn man in einem Ihrer 18 Boggi-Läden in Deutschland steht, hat man aber schon den Eindruck, bei einem klassischen Herrenausstatter zu sein.
Anzüge haben bei uns einen Umsatzanteil von 25 Prozent. 60 Prozent entfallen auf alles, was weniger formell ist: Hosen, Strickware, Hemden. Die Männer sind freier geworden und probieren mehr aus. Ein grauer Anzug ist auch in vielen Banken keine Pflicht mehr. So kann man mehr von seinem eigenen Stil zeigen.
Häufig geht das auch ohne Krawatte.
Sicherlich. Und schade! Wir verkaufen sie noch ganz ordentlich, aber es werden schon immer weniger. Von Jahr zu Jahr verzeichnen wir bei Krawatten einen Rückgang von 25 Prozent.
Was wird stattdessen mehr?
Einstecktücher und Halstücher.
Auch in Deutschland, wo Sie gerade viele Läden eröffnen?
München ist schon eine sehr modische Stadt. Insgesamt stelle ich zwischen Norden und Süden in Deutschland aber kaum Unterschiede im Kaufverhalten fest. Wir sind in vielen großen Städten präsent, aber auch in einigen kleineren, die man vielleicht nicht gleich zu Anfang angehen würde. Wir halten das etwas anders als üblich und konzentrieren uns nicht nur auf die A-Städte. Wenn wir eine Stadt und ihre Menschen mögen, dann handeln wir intuitiv.
Welche deutschen Städte mögen Sie denn so sehr, dass Sie dort Läden eröffnet haben?
Nürnberg zum Beispiel. Das war 2012. Leipzig. Heidelberg. Münster. Ursprünglich wollten wir in Düsseldorf anfangen, jetzt haben wir dort aber erst im September eröffnet.
Düsseldorf war Ihnen auf Anhieb nicht so sympathisch?
Doch, aber wir konnten nie die passende Lage finden.