Trendwende fürs Beinkleid : Mit der Jogginghose zur Gartenparty
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Diese Jogginghosen sind zu Höherem berufen: in königsblau von Marc Cain, in nachtblau von Emporio Armani, aus Seide von Brunello Cucinelli und von Max Mara, im Jeans-Look von Michael Kors, in rot von Marc O’Polo (von links im Uhrzeigersinn die Leine entlang) Bild: Patrick Slesiona
Vorbei sind die Zeiten, da bequeme Hosen nur zu Hause oder zum Sport tragbar waren. Die Jogginghose ist salonfähig – und wird in dieser Saison spannend interpretiert.
Dass dicke Wollpullover immer auf der Haut kratzen müssen, ist auch schon länger her. Die Wollpullover von heute sind selbst dann flauschig weich, wenn sie nicht aus Kaschmir sind. Oder Wintermäntel: sind nicht mehr so schwer, dass man es riskiert, sich einen Halswirbel auszurenken. Stattdessen sind sie federleicht wie dünne Anoraks.
Die Mode wechselt nicht nur alle paar Saisons die Richtung oder die Farben. Ihre Schnitte und Stoffe werden mit der Zeit auch immer bequemer. Dazu muss man sich nur einmal die Jogginghose in Königsblau von Marc Cain anschauen. Mit dem Tunnelzug und dem weiten Schnitt könnte man in ihr glatt eine Runde um den See drehen, wäre da nicht der Stoff: 98 Prozent Viskose.
Zu Höherem berufen, gar zum Vorstellungsgespräch
Die Jogginghosen des Frühlings sind zu Höherem berufen als nur zu schnödem Sport. Sie passen zu Loafers und zu Stilettos, sie sind Requisiten für den Alltag. Es könnte heutzutage sogar so sein, dass man in der Jogginghose aus Seide zum Blazer mit einem guten Gefühl aus dem Vorstellungsgespräch hinausgeht. Jedenfalls wird man, zum Beispiel in dem bläulichen Modell von Max Mara mit Gummizug, eine bessere Figur abgeben als im kneifenden Kostüm.
Erst vor 100 Jahren verabschiedeten sich die Frauen vom Korsett, dann ließen sie den Hut zu Hause. Irgendwann schnitten sie sich auch die langen Haare ab. Mit kurzen Haaren, ohne Hut und ohne Körperkäfig lebte es sich schließlich bequemer. Anschließend kamen, ganz im Sinne des Tragekomforts, Jeans in Mode. Plötzlich war es nicht mehr schlimm, in Turnschuhen im Restaurant aufzukreuzen. Oder im hellgrauen Sweatshirt. Die Funktionsjacke ist ohnehin schon zum Lieblingsstück der Deutschen geworden. Nun ist die Jogginghose an der Reihe. Auch sie könnte unsere Erwartungen an eine sinnvolle Garderobe auf den Kopf stellen. Wer einmal das Modell von Marc O’Polo in Rot angezogen hat, wird jedenfalls verstehen, wie viel Sinn so eine Hose haben kann. Auch sie ist mit den für Sporthosen üblichen Knöchelbündchen ausgestattet. Zu einem Paar Zwölf-Zentimeter-High-Heels passt sie aber genauso gut.
Bequemlichkeit zur Schau stellen
Obwohl, Jogginghosen für den Alltag sind nicht nur Frauen vorbehalten. Viele Männer haben es ja eh am liebsten bequem. Bekleidung aus Neoprenstoffen, in der sich Männer fühlen können wie auf dem Surfbrett, ist für einige Trendbewusste deshalb in den vergangenen Jahren zu einer zweiten Haut geworden. Der Mailänder Modeschöpfer Giorgio Armani kombinierte in seiner Frühjahrs-Kollektion für Emporio Armani Jacken mit ausgestanztem Muster aus Neopren mit, klar, Jogginghosen. Dazu gehört auch das Stück in Nachtblau. Von vorne wahrt es mit einem starren High-Tech-Stoff die Form, von hinten ist es kuschelig weich wie die Jogginghose für die Couch, die man schon hundertmal gewaschen hat. Die typisch sportlichen Reißverschlüsse an den Bündchen erinnern daran, dass der Träger die Bequemlichkeit seiner Hose durchaus zur Schau stellen möchte.
Wer sich das nicht traut: kein Problem. Der wählt einfach ein Modell, das sich erst auf den zweiten Blick als Jogginghose enttarnt. Die Hose aus der Michael-Linie von Michael Kors aus Chambray-Stoff wirkt zunächst wie eine Jeans. Das graue Muster und den feinen Seidenstoff der Hose von Brunello Cucinelli erwartet man eher auf einem Cocktailkleid. Wenn es in ein paar Wochen hoffentlich auch abends wärmer ist, wäre die Hose etwas für die Gartenparty. Sollen sich die Bekannten doch ruhig schon mal an ein entspanntes Verständnis von sinnvoller Garderobe gewöhnen.