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Vor der WM : Wie der Ball rund wird

Luftbild: Die Schussmaschine liefert Daten über das Flugverhalten des Balls. Bild: Rainer Wohlfahrt

Der richtige Ball für die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft spielt eine wesentlich größere Rolle als angenommen. Seit 1970 kommt der WM-Ball aus Herzogenaurach – und ist seither revolutioniert worden.

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          Erleben wir bei der Fußball-Weltmeisterschaft wieder so faszinierende Spiele wie vor vier Jahren? Das 7:1 der deutschen Nationalelf gegen Brasilien im Halbfinale bleibt unvergessen, genauso wie das „dritte Tor“ von Geoff Hurst 1966 in London, im WM-Endspiel England gegen Deutschland. Ja, es war eigentlich kein Tor gewesen, aber das lässt sich seit der WM 2010 in Südafrika immerhin etwas besser verschmerzen, als den Engländern im Achtelfinale gegen Deutschland ein Tor geklaut wurde.

          Boris Schmidt
          Redakteur im Ressort „Technik und Motor“.

          Frank Lampard hatte aus 22 Metern geschossen und Torhüter Manuel Neuer düpiert. Der Ball touchierte die Unterkante der Latte, sprang deutlich hinter der Linie auf und prallte dann wieder gegen die Latte, ehe sich Neuer ihn schnappte. Alle hatten gesehen, dass der Ball drin war – nur der Schiedsrichter nicht. Die F.A.Z. schrieb damals: „Das war nicht weniger als die größte Fehlentscheidung bei dieser Weltmeisterschaft.“ Es wäre das 2:2 in der 39. Minute gewesen. Das Spiel, das Deutschland letztlich 4:1 gewann (durch Tore von Klose, Podolski und zweimal Müller), wäre womöglich anders verlaufen.

          Angenommen, das Achtelfinale 2010 wäre mit dem gleichen Ball gespielt worden wie das Finale 1966 – der Schuss von Lampard wäre wohl vollends im Tor gelandet, denn das Leder hätte nicht so viel Drall aufgenommen wie ein moderner Ball aus Kunststoff. Dass das Wichtigste am Fußball der Ball ist, kann niemand bestreiten. Er ist nur – entgegen der Redewendung - schon längst nicht mehr aus Leder. Seit 1986 ist das Spielgerät der Fußball-Weltmeisterschaften aus Kunststoff. Und seit 1970 stellt der fränkische Sportartikel-Hersteller Adidas in ununterbrochener Folge die Spielbälle für die Fußball-Weltmeisterschaften. Damals war der „Telstar“ der erste WM-Ball aus 32 schwarz-weißen eckigen Flecken – im Finale 1966 wurde noch mit einem aus 18 Streifen zusammengenähten Lederball gekickt. Den neuen Ball nannte man „Telstar“, nach dem gleichnamigen Satelliten – und weil der Ball gut im Fernsehen zu sehen war.

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          Seither ist der Ball revolutioniert worden, Herstellungsprozess und Technik haben sich erheblich geändert. Der größte Schritt in der Fertigung vollzog sich 2006, zur WM in Deutschland. Bis dahin waren die Bälle von Adidas trotz moderner Produktionstechnik und maschineller Vorfertigung zum Schluss immer noch von Hand zusammengenäht worden. Dafür waren 15 Meter Faden nötig, und ein guter Näher schaffte nur drei Bälle am Tag.

          Seit 2006 wird der WM-Ball mehr oder weniger maschinell hergestellt. Das sichert eine bis dahin nicht erreichte Perfektion in der Masse. Diese Technik wurde in den zwölf Jahren danach immer weiter verfeinert. Seit 2006 gibt es auch keine Nähte mehr, die immer eine kleine Unwucht brachten. Am wenigsten geändert hat sich am Ventil. Es ist staub- und wasserresistent, und damit es die Flugbahn nicht beeinflusst, sitzt auf der anderen Innenseite der Hülle ein Gegengewicht.

          Stiller Star des Turniers: Der Ball „Telstar18“ von Adidas ist in WM-Form.
          Stiller Star des Turniers: Der Ball „Telstar18“ von Adidas ist in WM-Form. : Bild: Rainer Wohlfahrt

          Längst kann sich der Freizeitkicker den technisch gesehen gleichen Ball kaufen, wie er bei der Weltmeisterschaft zum Einsatz kommt. Der aktuelle WM-Ball, in Analogie zum Turnier von 1970 „Telstar18“ getauft, kostet mittlerweile 150 Euro, die Replika des „Telstar18“ gibt es für 90 Euro. 2006 war der „Teamgeist“ noch für 110 Euro zu haben.

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