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Balenciaga-Designer : „Das war mein großer Fehler“

Designer Demna Gvasalia Bild: AFP

Balenciaga-Designer Demna entschuldigt sich für anstößige Werbefotos – und will nun auch in seinen Kollektionen näher an die Kernaussage der Pariser Marke rücken.

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          Für Balenciaga war es ein Herbst des Missvergnügens. Fotos für den Online-Shop der Pariser Marke zeigten kleine Kinder in heimeliger Umgebung, mit Teddybären, die ein Fetisch-Ledergeschirr tragen, wie es in sadomasochistischen Bondage-Praktiken genutzt wird – mit Netzoberteilen, Nietenledergürteln und Halsbändern mit Schlössern. Der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten: Wie kann eine Luxusmarke solche Fotos planen, produzieren und publizieren, in einem wochenlangen Prozess, an dem Dutzende feste und freie Mitarbeiter beteiligt sind?

          Alfons Kaiser
          Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.

          Auch eine Werbekampagne hinterließ einen schalen Beigeschmack: Auf einem Bild waren Papiere mit einem Schriftstück des amerikanischen Obersten Gerichtshofs zu sehen – die Entscheidung des Falls „United States v Williams“ von 2008 bestätigt die Verfassungsmäßigkeit des „Protect Act“, der die Strafen für sexuelle Ausbeutung und anderen Missbrauch von Kindern verschärft. Die Papiere belegen, dass das Thema Schutz von Kindern bei der Planung und Produktion von Shootings eigentlich bedacht wird – aber offenbar nicht bei der Marke, die Gerichtsdokumente dazu selbst in Szene setzt. Hinzu kam noch der Skandal um Ye, der erst die Balenciaga-Schau für Frühjahr und Sommer 2023 eröffnete – und sich wenig später mit seiner Hitler-Verehrung unmöglich machte.

          Persönliche Entschuldigung

          Schon damals hatte sich die Luxusmarke, die zum Kering-Konzern gehört, sogleich entschuldigt. Am Donnerstag, mehr als zwei Monate nach den Vorfällen, hat sich nun Chefdesigner Demna in einem ausführlichen Gespräch mit der „Vogue“ geäußert. „Ich möchte mich persönlich für die falsche künstlerische Wahl des Konzepts für die Geschenk-Kampagne mit den Kindern entschuldigen und übernehme die Verantwortung“, sagte er. „Es war unangemessen, Kinder für Objekte werben zu lassen, die nichts mit ihnen zu tun haben. So sehr ich auch manchmal durch meine Arbeit Gedanken provozieren möchte, hätte ich niemals die Absicht, dies mit einem so schrecklichen Thema wie Kindesmissbrauch zu tun, den ich verurteile.“

          Zu den Fotos der Frühjahrskampagne mit den Gerichtspapieren in Büroatmosphäre sagte er, sie seien eine Anspielung auf den Ort an der Wall Street, an dem die Modenschau im vergangenen Sommer stattfand. Er habe sich vorher zeigen lassen, wie die Büros aussehen könnten, welche Möbel verwendet würden und welche Posen die Models machen sollten. „Da ich nie bei Shootings dabei bin, wurden mir die Bilder vorgelegt, damit ich aus der vom Fotografen getroffenen Auswahl die Fotos auswählen konnte, die mir am besten gefielen“, sagte Demna, der in seiner Funktion als Designer ohne seinen Nachnamen Gvasalia auskommt. Offenbar übersah er dabei die Papiere, die an sich nicht anstößig sind, aber in der Öffentlichkeit sogleich in Bezug zu der anderen Werbeproduktion gesetzt wurden.

          Die beiden Fotoproduktionen, sagte er, stünden jedoch in keinem Zusammenhang. Die Plüsch-Teddybär-Taschen, die auf der von Ye angeführten Pariser Schau Anfang Oktober von erwachsenen Models vorgeführt wurden, hätten sich auf die Punk- und die Do-it-yourself-Kultur bezogen und nicht auf sadomasochistische BDSM-Praktiken. Den Fotografen der Kinderbilder, Gabriele Galimberti, habe man aufgrund „der Komposition seiner Bilder“ eingesetzt. Der italienische Fotograf ist mit Bildern seiner Serie „Toy Stories“ bekanntgeworden, die Kinder mit ihren vielen verschiedenen Spielzeugen zeigen. Solche Spielzeuge nun um zweifelhafte Luxustaschen zu ergänzen, „das war mein großer Fehler“, sagte der Einundvierzigjährige, der aus Georgien stammt, als junger Mann auch in Deutschland lebte und seit acht Jahren die kreativen Geschicke von Balenciaga bestimmt. „Mir war nicht klar, wie unpassend es sein würde, diese Objekte in das Bild zu setzen und trotzdem das Kind in der Mitte zu haben. Das war leider die falsche Idee und eine schlechte Entscheidung von mir. Wir hätten Kinder nicht in Bildern zeigen sollen, die Objekte enthalten, die nicht zueinander passen und unangemessen sind.“

          Die Zeit der Anschuldigungen im November und Dezember bezeichnet der Designer als „größte Härte“ seines Lebens. Man habe bei Balenciaga strukturelle Veränderungen vorgenommen und einen Beirat gegründet, der solche Werbebilder vorab begutachten soll. Außerdem unterstütze man die Organisation National Children’s Alliance.

          Die Aussagen des Designers zu Beginn der Modesaison, die an diesem Wochenende in New York beginnt, widerlegen Mutmaßungen, er könnte von seinen Aufgaben bei der von Cristóbal Balenciaga gegründeten Luxusmarke entbunden werden. Auch ästhetisch zeigt sich Demna nun reumütig. Er wolle mit seinen Kollektionen wieder näher an das Kerngeschäft des Unternehmens rücken, sagte er. Bei den Couture-Schauen im Januar stand Balenciaga nicht auf dem Kalender. Für den 5. März hat die Marke nun eine Präsentation beim Prêt-à-Porter in Paris angesetzt. Jetzt ist die Modeszene gespannt, wie eine Balenciaga-Schau ohne provozierende Entwürfe aussehen könnte.

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