Seifenherstellung : Daily Soap
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Tagelöhner tragen die im Kessel erhitzte Seifenmasse zum Abkühlen ins erste Stockwerk. Mahmud (im Hintergrund rechts) befüllt die Eimer. Bild: Kai Wiedenhöfer
Seit mehr als 1000 Jahren wird in Nablus Seife aus Olivenöl hergestellt. Zu Besuch in einer der letzten Fabriken der palästinensischen Stadt.
Es ist sechs Uhr am Montagmorgen in der Seifenfabrik. Eine ockerfarbene Masse blubbert im uralten Kessel. Der halbblinde Mahmud fährt den riesigen Gasbrenner darunter noch einmal richtig hoch. Seit Tagen haben sie das Gemisch gewärmt, gekocht, kalt werden lassen, umgerührt und wieder aufgekocht. Zwei Kollegen schütten etwas Wasser hinzu.
Dann und wann öffnen sie das Ventil eines riesigen Tanks im Boden, um noch ein wenig von dem kostbaren Olivenöl nachzugeben. Gleich ist es fertig. „Man kann die Mischung auch jetzt noch versauen“, sagt Mahmud, „dann ist eine Woche Arbeit umsonst gewesen.“ Ein Kessel, 38.000 Seifenstücke. Es wäre ein großer Verlust. An den steinernen Kessel werden nur erfahrene Leute gelassen.
Nablus wichtigstes Exportgut
Mahmud trägt eine schwarze Kappe auf dem Kopf, Gummistiefel und eine Schürze aus Stoff. Seit 50 Jahren arbeitet er hier, in der gleichen Fabrik, in der auch sein Vater einst angestellt war. Im Jahr 1872 wurde das Gebäude gebaut, gleich neben die Stadtmauer von Nablus. Hier produzieren sie bis heute. Als Jugendlicher fing Mahmud einst an. Es waren die turbulenten sechziger Jahre, als Seife aus Nablus noch im ganzen Mittelmeerraum berühmt war und als Jordanien noch die Palästinensergebiete beherrschte.
Seit mehr als 1000 Jahren wird in Nablus Seife aus Olivenöl hergestellt. Bis heute ist sie das wichtigste Exportgut der Stadt im Norden von Palästina. Schon der legendäre Weltreisende Ibn Battuta machte hier im 14. Jahrhundert Halt. Er pries Nablus für seine Schönheit, die Olivenbäume und die Seife. Es war nach der Zeit der Kreuzfahrer, die das Heilige Land vorübergehend erobert und sich auch in Nablus niedergelassen hatten. Kreuzfahrer brachten die Nabluser Seife und das Wissen über seine Herstellung zurück bis nach Marseille, wo das edle Waschmittel seither in Manufakturen bis heute produziert wird.
Die Rezeptur hat sich kaum verändert
Die Seife hat Nablus groß gemacht. Hier finden Olivenbäume Nährboden, das Wasser der Berge konnte man leicht in die Fabriken leiten. Am Ufer des nahegelegenen Jordan wuchs die zweitwichtigste Zutat der Fabrikanten: eine Pflanze mit hohem Natriumgehalt, in Deutschland als „Mönchsbart“ bekannt. Getrocknet und verbrannt, war sie lange eines der wertvollsten Güter im Nahen Osten: „Qili“ – die arabische Mutter des Wortes Alkali.
Beduinen brachten ihre Asche mit Kamelkarawanen nach Nablus und Aleppo, in das andere einstige Seifenzentrum. Sie nahmen Geld und fertige Seife zurück und verteilten sie in die arabische Welt. Die Zutaten haben sich in Nablus über die Jahrhunderte kaum verändert: Quellwasser, Olivenöl und Soda (Natron). Nur das Soda wird heute nicht mehr aus den salzhaltigen Uferpflanzen gewonnen. Die Seifenfabrik Toukan bezieht mittlerweile synthetisch hergestelltes Soda aus Saudi-Arabien.
Die richtige Mischung macht es aus
„Wenn man zu viel Soda nimmt, wird die Seife bröckelig“, erklärt Mahmud am Kessel. „Und wenn man zu viel Wasser nachschüttet, dann wird sie nicht fest.“ Die richtige Mischung findet er heraus, indem er genau hinschaut und mit der Drei-Meter-Rührschaufel durch die Masse fährt. Über fünf Tage haben sie vier Tonnen Olivenöl, eine Tonne Wasser und 400 Kilo Soda gemischt. Nun ist es soweit. Mahmud ist zufrieden mit seinem Gebräu.