Beziehungskolumne : Meine fünf miesesten Tinder-Dates
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Das Kennenlernen über Tinder ist oft schön, die Treffen danach nicht immer. Bild: obs
Wer auf Tinder und Co. nach der Liebe sucht, muss sich eine dicke Haut zulegen. Unsere Autorin berichtet von ihren persönlichen Tinderdate-Katastrophen – und was sie daraus gelernt hat. Die Beziehungskolumne Ich. Du. Er. Sie. Es.
Die Auswahl in Dating-Apps ist riesig. Es gibt tatsächlich viele Fische im Meer. Wie wir mittlerweile aber wissen: auch viel Plastik. Die guten Fänge muss man erst mal finden. Bei der Frage, welche Beute man am besten direkt zurück ins Wasser wirft, kommt es natürlich darauf an, was man sucht. Für mich gibt es offensichtliche Red Flags: Er sagt nicht mal Hallo, bevor er nach meinen sexuellen Phantasien fragt? Nein, danke. Er fragt direkt nach Nacktfotos? Bitte weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen. Mit diesen Standards komme ich mir, und das allein sagt schon viel über die Umgangskultur bei Tinder aus, im Vergleich zu meinen kopulationswilligen Altersgenossen fast spießig vor. „So ist Online-Dating halt“, sagt meine beste Freundin. Für mich kein Grund, jegliche Ansprüche fallen zu lassen.
Was aber, wenn beim Texten alles harmlos oder sogar spannend wirkt? Man trifft sich. Und erlebt die skurrilsten Dinge. Nachfolgend meine persönliche Best-of-Five der Horror-Dates. Die Namen der Männer habe ich natürlich verändert.
Platz 5: Das politische Desaster
Das erste Hallo ist zauberhaft, Philipp richtig süß. Wir können einander definitiv gut riechen, unterhalten uns über dieses und jenes. Aber nach einer Weile stelle ich fest: Philipp stellt mir keine einzige Frage, zeigt keinerlei Interesse. Stattdessen unterbricht er mich bei fast jedem Satz und bemerkt es nicht einmal. Mehrere und zunehmend genervte Hinweise, dass ich gerne aussprechen würde, zeigen keine Wirkung. So richtig unangenehm wird es, als wir auf das Thema häusliche Gewalt kommen. Ich bin skandalöserweise der Meinung, dass von Gewalt betroffene Männer nicht in Frauenhäusern untergebracht werden sollten. „Das ist einfach diskriminierend“, meint Philipp, spuckt es geradezu aus. Er wird richtig wütend. Dass Frauenhäuser als Zufluchtsorte mühsam von Frauen erkämpft werden mussten: nichtig. Schließlich hätten die Gewerkschaften Frauen ja auch mitspielen lassen. So finden wir nicht zusammen, auf mehreren Ebenen.
Platz 4: Sexisme en passant
Martin und ich sitzen eine Weile am Main und unterhalten uns. Von Anfang an finde ich es etwas merkwürdig, kann aber nicht ganz den Finger drauflegen, wieso. Dann erzählt Martin von Problemen mit seinen Mitbewohnerinnen. Die seien „typisch Weiber“, immer zickig und anstrengend. Innerlich sind meine Augen schon mehrfach um 360 Grad rotiert. Als er irgendetwas über die „dicken Titten“ der einen erzählt, verabschiede ich mich. Wo die Probleme wohl herkommen?
Platz 3: Es ist kompliziert
Schon als der große, schöne Australier Ryan mich an der U-Bahn-Station abholt, funkt es gewaltig. Wir holen uns Pizza, sitzen Bier trinkend in seinem Wohnzimmer und machen zusammen Musik. Seine Mitbewohnerin, sagt er, sei zum Glück nicht zu Hause. Am Ende schlafe ich neben ihm ein, eigentlich war das so nicht geplant. Als ich am nächsten Morgen aufwache, trifft es mich wie ein Schlag. Alles, was ich am Abend vorher ausgeblendet habe, springt mir nun ins Gesicht: Das hier muss das Gästebett sein, nicht sein Zimmer. Die süße Welcome-Home-Message an der Pinnwand? Zu romantisch für Roommates. Die vielen Fotos von ihm und seiner Mitbewohnerin am Kühlschrank? Zu innig. „Deine Mitbewohnerin ist deine Freundin, oder?“, frage ich fassungslos. „Es ist kompliziert“, sagt er. Ich ziehe die Tür hinter mir zu.