Beziehungskolumne : „Kannst du nicht mal leiser atmen?“
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Die eine will noch lesen, den anderen stört das Licht – was tun, wenn der Schlafrhythmus des anderen nicht zu einem passt? Bild: picture alliance / Alexander Farnsworth
Der Freund unserer Autorin kann ohne ihre Anwesenheit schlecht einschlafen. Was sie zu Beginn romantisch fand, empfindet sie nun als emotionale Erpressung. Aber was tun, wenn der Schlafrhythmus des anderen nicht zum eigenen passt? Die Beziehungskolumne „Ich. Du. Er. Sie. Es.“
Wenn ich von Paaren mit getrennten Schlafzimmern höre, werde ich neidisch. Egal, ob der Grund für die nächtliche Separation Schnarchen, kleine Kinder oder Nachtschichten sind. Ich würde so ziemlich alles in Kauf nehmen, um endlich wieder allein schlafen zu gehen – und vor allem, wann und wie ich will. Kurz vor Mitternacht oder erst um halb vier, lesend, Tee schlürfend oder mit einer dicken Schicht Erkältungsbalsam auf der Brust. Aber leider sind meine Nächte fremdbestimmt, seit ich mit meinem Freund zusammenlebe.
Vor zehn Jahren, am Anfang unserer Beziehung, fand ich es noch schmeichelhaft, dass er angeblich besser einschlafen kann, wenn ich neben ihm liege. Inzwischen fühle ich mich von dieser Behauptung emotional erpresst. Vor allem, weil es dabei weniger um mich zu gehen scheint als um die richtigen Rahmenbedingungen für seine Erholung.
Das fängt mit den Geräuschen an. Ich soll zusammen mit ihm das Nachttischlicht ausmachen, weil ich dann erstens nicht mehr in der Wohnung herumklappern kann, während er versucht einzuschlafen, und ihn zweitens auch nicht störe, wenn ich zu einem späteren Zeitpunkt ins Bett krieche. (Dabei habe ich es inzwischen perfektioniert, ganz, ganz leise die Tür zu öffnen, wieder zu schließen und mich bis zu meiner Bettseite zu schleichen – besser könnte das James Bond auch nicht machen. Das einzige mit menschlichem Gehör wahrnehmbare Geräusch ist das Knarren des Lattenrosts, wenn ich mich vorsichtig auf die Matratze und unter die Decke rolle.)
Die Schlafenszeiten stimmen nicht
Ich selbst habe unerhört gute Schlaffähigkeiten, die ich schon oft im Kino, im Theater oder auf Partys unter Beweis gestellt habe. Geräusche sind für mich kein Hindernis, wenn ich wirklich müde bin. Aber das Bedürfnis nach Stille beim Einschlafen kann ich zumindest auf rationaler Ebene nachvollziehen.
Anders verhält es sich mit der bevorzugten Schlafenszeit meines Freundes. Die ist zwischen 22 und 22.30 Uhr. Aber mal ehrlich, kein vernünftiger Mensch geht zu dieser Zeit freiwillig ins Bett, wenn er nicht krank ist, am nächsten Morgen Frühdienst hat oder den ganzen Tag von kleinen Kindern auf Trab gehalten wurde. Um 22 Uhr haben die „Tagesthemen“ noch nicht begonnen, und an einem Kneipenabend mit Freunden hat man sich da – in vorpandemischen Zeiten – gerade noch ein weiteres Getränk bestellt. Mein Tag kann zu dieser viel zu frühen Uhrzeit noch nicht zu Ende gehen. Und vor allem nicht nur deshalb, weil es jemand anderes gerne so hätte.
Dabei wäre ich durchaus kompromissbereit. Ich würde mich jederzeit auf eine „Schon ins Bett gehen, aber noch lesen“-Lösung einlassen. Aber in Büchern lesen ist böse, weil die Lampe zu hell leuchtet. Handynachrichten lesen ist böse, weil der Bildschirm zu hell leuchtet. Und selbst Podcasts zu hören ist böse, weil das winzige Licht an den Kopfhörern zu hell leuchtet. Meine Hinweise auf eine im Haushalt vorhandene Schlafbrille und eine (von ihm gekaufte) Vorratspackung Ohropax ignoriert er geflissentlich.