Hautpflege : Hat Feuchtigkeitscreme einen Sinn?
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Was bringt die Creme? Bild: Picture-Alliance
Feuchtigkeitscreme ist bei deutschen Frauen eines der beliebtesten Produkte. Fachleute sagen: Weibliche Haut hat diese besondere Pflege tatsächlich oft nötiger als männliche.
Selbst die simple Feuchtigkeitscreme ist auf dem besten Weg, höhere Aufgaben zu erfüllen. Schon jetzt soll sie erkennen können, an welchen Stellen die Haut ihre Eigenschaften gebrauchen kann, und dann soll sie dort wirken. Gut möglich also, dass die Feuchtigkeitscreme in Zukunft zu jenen Produkten gehören wird, die intelligenter sind als der Mensch.
So klingt es jedenfalls, wenn Andrea Weber, Direktorin des Forschungszentrums der Schönheitsmarke Babor, über ihre Cremes spricht. „Früher haben wir gedacht, dass es einfach darum geht, viel Feuchtigkeit von außen aufzutragen“, sagt sie. Wasser und Glycerin waren wichtige Bestandteile. Doch in den vergangenen Jahren hat sich viel getan. „Es geht darum, dass die Feuchtigkeit nicht nur in den oberen Schichten verbleibt, sondern dass die Wirkstoffe tiefer transportiert werden und dafür sorgen, dass Feuchtigkeit besser gespeichert wird.“ Mit dem, was man der Haut von außen zuführt, soll sie innen etwas anstellen. Die Feuchtigkeitscreme ist also schon jetzt high-tech.
Sie ist eines der wichtigsten Produkte im Badezimmerschrank, jedenfalls für Frauen. Interessanterweise trifft das besonders auf deutsche Frauen zu. Dass es weder der rote Lippenstift noch das Deodorant mit der Bedeutung der Feuchtigkeitscreme aufnehmen kann, das weiß auch Andrea Weber – das Sortiment von Babor besteht zu gut 60 bis 70 Prozent aus Feuchtigkeitsprodukten. „Es liegt daran, dass es sehr viele Frauen betrifft und eine große Zahl von ihnen damit schon sehr früh anfängt.“
Auch eine Studie des Marktforschungsunternehmens Mintel bestätigt diesen Befund. Bei 66 Prozent aller Produkte, die auf der Welt im Jahr 2012 auf dem Hautpflege-markt eingeführt wurden, handelte es sich demnach um Feuchtigkeitsprodukte. Das ist zunächst einmal eine gute Nachricht, denn Feuchtigkeit auf der Haut ist ein Grundbedürfnis – anders als zum Beispiel das Verlangen, mit einer Creme konkret gegen Falten anzugehen oder gegen einen genetisch angeblich zu dunkel geratenen Teint, worunter viele Frauen in afrikanischen und asiatischen Ländern zu leiden glauben. Selbst der intelligenteste moisturizer wird nicht schädlicher sein als ein Bleichmittel.
Das Shopping-Unternehmen QVC ist mit einer Studie im vergangenen Jahr ebenfalls zu diesem Ergebnis gekommen. Zusammen mit Statista hat QVC mehr als 3000 Frauen in Deutschland zu ihren Ritualen und Produkten befragt. Die Feuchtigkeitscreme landete auch dabei auf Platz eins. Isabell Hendrichs, Direktorin für den Beauty-Einkauf, hat das nicht sonderlich überrascht. Das Verhältnis der deutschen Frauen zu Schönheit ist eben minimalistisch, trotz der 90 Produkte, die jede von ihnen im Durchschnitt im Badezimmer stehen hat. Oder zu pragmatisch, je nachdem, wie man es sieht. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Jede vierte Frau gab an, jeden Tag ohne Make-up das Haus zu verlassen. Also muss die Feuchtigkeitscreme als Basis schon deshalb wichtiger werden.
Man muss der Haut geben, was sie verlangt
„Die Feuchtigkeitscreme ist ein entscheidender Faktor, wenn es um ein gepflegtes, einheitliches Hautbild geht“, sagt Isabell Hendrichs. Im Vergleich dazu gingen Frauen in den Vereinigten Staaten mutiger mit Farben um, Stichwort dekorative Kosmetik. Auch in Großbritannien sei die Betonung von Augen und Lippen eher ein Thema als hierzulande. Man sehe schon, dass Frauen in Deutschland im Hinblick auf das Make-up viel zurückhaltender vorgehen. Was nicht bedeuten soll, dass alle immer ungeschminkt sind. Das Straßenbild zeige es: Häufig sei eine Stelle im Gesicht besonders betont. Die Augenbrauen, die Lippen. Mehrere zugleich eher nicht.
Aber hat die Feuchtigkeitscreme, das unangefochtene Lieblingsprodukt, überhaupt einen Sinn? Wenn Männer sie nicht so konsequent verwenden, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass die Haut von Frauen sich einfach zu sehr daran gewöhnt hat. „Das ist schlichtweg falsch“, sagt Christiane Bayerl, Direktorin der Dermatologie an den Helios-Kliniken in Wiesbaden. „Es gibt Frauen und Männer, die ein Leben lang ohne Creme sein können, die genügend eigene Lipidproduktion haben. Aber man muss der Haut geben, was sie verlangt.“ Wenn sie Lipide brauche, verwöhne man sie mit einer Creme jedenfalls nicht.
Besondere Hautbedürfnisse, sagt die Dermatologin, hätten demnach gut 50 Prozent der Frauen. „Sie brauchen etwas, was die Haut stabilisiert, die oberste Hornschicht zum Quellen bringt und die Zellen aufpolstert.“ Das könne man nicht von innen erreichen, etwa indem man mehr Wasser trinkt. Und: Frauen brauchten diese Produkte tatsächlich öfter als Männer. „Die haben zwar nicht mehr Talgdrüsen, aber sie sind größer“, sagt Christiane Bayerl. „Darüber wird die Haut mehr mit Lipiden versorgt.“ Lipide und Fette, darum geht es. Wenn irgendetwas in der Creme zudem noch intelligent ist, wird das der Haut jedenfalls nicht schaden.