Kolumne : Fünf Dinge, die jetzt im Fitnessstudio nerven
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Kein Standard: In Köln trainierte ein Mann im Mai mit Maske Bild: dpa
Die Fitnessstudios sind wieder voll. In der Corona-Krise sollte man dort eigentlich ein bisschen mehr Rücksicht als sonst auf seine Mitmenschen nehmen. Das macht aber nicht jeder. Die Kolumne „Fünf Dinge“.
1. Distanzlosigkeit
Nichts gegen die Simulation von Normalität. Hin und wieder tut es gut, sich eine Corona-Auszeit zu gönnen. Ein bisschen Rücksicht sollte man auf seine Mitmenschen dennoch nehmen, auch im Fitnessstudio, wo keiner eine Maske trägt und sich alle einzureden scheinen, dass die gesperrten Geräte defekt und nicht aus Gründen der Ansteckungsgefahr unbenutzbar sind. Pumpen ist selbstredend anstrengend, doch so laut wie Rafael Nadal oder Maria Sharapova („Queen of Scream“) auf dem Tennisplatz muss wirklich niemand stöhnen. Man hat dann nämlich das ungute Gefühl, eine ähnlich große Aerosole-Ladung abzubekommen wie die Mitglieder eines zu Hochform auflaufenden Chors in einem sehr kleinen, sehr stickigen Raum. Beim Tennis hat das Stöhnen außerdem einen Sinn: Es irritiert den Gegner. Gut, Studien zeigen, dass es zudem die Wucht des Aufschlags steigert und vielleicht hilft es auch beim Gewichtheben. Trotzdem: In Corona-Zeiten sollte jeder nur zu Hause stöhnen.
2. Paare
Selbst im Fitnessstudio entkommt man zelebrierter Zweisamkeit nicht. Paare, die nebeneinander auf der Hantelbank schwitzen und Händchenhalten, während sie zum nächsten Gerät (Frauen: Beinpresse, Männer: Kabelzug) schlendern, dürften auch in den eigenen vier Wänden der Intimität huldigen und gemeinsam im Bad sein, während sich der eine die Zähne putzt und der andere lesend auf der Toilette sitzt. Auffallend ist, dass zwischen Paaren im Fitnessstudio in etwa so viel erotische Spannung herrscht wie in einem Wirtshaus voller biertrinkender Männer. Tätschelt der eine dem anderen den Po, wirkt es so mechanisch wie das stumpfe Absolvieren von Bizeps-Curls. Überhaupt ist das Gym trotz der vielen trainierten Körper in Minimalbekleidung ein erstaunlich unerotischer, beziehungsweise autoerotischer Ort. Jeder ist dermaßen intensiv mit Muskelaufbau, Fettverbrennung und Reliefoptimierung beschäftigt, dass für andere Körper schlicht kein Platz bleibt. Richtig ärgerlich wird die Paarsache bei Problemgesprächen. Gut möglich, dass zwei Streithähne ein Gerät unverhältnismäßig lange blockieren und über Mülltrennung verhandeln. Einschreiten? Besser nicht. Wer möchte schon riskieren, eine Hantel übergezogen zu bekommen.
3. Handtücher
Ein Gerät mit seinem durchgeschwitzten Handtuch zu besetzen, während man an einem anderen ohne Handtuch schwitzt, ist ein absolutes No-Go – auch aus hygienischen Gründen. Dass diese Verhaltensweise, die man in Ferienanlagen beobachten kann – wo die Furcht, zu kurz zu kommen, allgegenwärtig scheint (am Büffet, am Pool ...) –, auch ins Fitnessstudio Einzug gehalten hat, nervt und lässt Schlimmstes befürchten. Was, wenn demnächst irgendein breitschultriger Schlaumeier auf die Idee kommt, gleich mehrere Handtücher im Studio zu verteilen, um sich seine Lieblingsplätze zu sichern? Ein solches Gebaren konnte man bislang zwar noch nicht beobachten, aber bekanntlich kennt Egoismus keine Grenzen.
4. Körperausdünstungen
Das erste Deo kam 1888 auf den Markt, hieß Mum und war genaugenommen eine Creme, die man sich in die Achselhöhlen rieb, um seinen Schweißgeruch in Schach zu halten. Eine tolle Erfindung, die seither zahlreiche Entwicklungsstufen durchlaufen hat und ebenso wie Wasser und Zahnpasta zur alltäglichen Körperpflege gehört. Zumindest sollte man das meinen. Gut, der eine schwitzt mehr, der andere weniger und die Gerüche unterscheiden sich dramatisch. Aber gerade deshalb ist das Deo so eine feine Sache, günstig zu erstehen, leicht zu transportieren und simpel in der Handhabung. Neueste Studien zeigen, dass Aluminium in Deos ungefährlich ist, weil durch die Haut sehr viel weniger Aluminium als bislang befürchtet aufgenommen wird. Niemand muss also seine – und diese Bitte richtet sich vor allem ans männliche Geschlecht – Mittrainierenden mit fiesen Gerüchen quälen, es sei denn man hat es auf einen Maximalabstand von sieben Metern abgesehen. Die soziale Distanz per Ausdünstungen erzwingen zu wollen, wäre allerdings perfide.
5. Brazilian Butt
Stehen drei junge Frauen mit einem Brazilian Butt nebeneinander, ist kein Durchkommen mehr. Diese Konstellation mag selten vorkommen, der Brazilian Butt aber ist – zumindest im Fitnessstudio der Autorin – omnipräsent, was eine Freundin einmal zu der Frage veranlasste: „Warum haben die hier eigentlich alle einen so komischen Hintern?“. Kim Kardashian hat den Brazilian Butt vor ein paar Jahren berühmt gemacht und inszeniert ihre Sanduhrfigur als Kunstwerk bei Instagram, wo ihr knapp 180 Millionen Fans folgen, worüber all die über Jahrhunderte unfreiwillig in Korsetts eingeschnürten Frauen wohl den Kopf schütteln würden. Der Brazilian Butt ist ohne ein knallhartes Trainings- und Ernährungsregime nicht zu haben, weshalb man ihm durchaus Respekt, ja Bewunderung zollt. Im Gegensatz zum Kickboxen oder zu einem Selbstverteidigungskurs hilft einem der Po in brenzligen Situationen allerdings nicht weiter. Seine bloße Präsenz wehrt noch keinen Angreifer ab. Dass trotzdem viele instagramaffinen Frauen unbedingt einen Brazilian Butt haben möchten, führt leider dazu, dass die Hip-Thrust-Bank immer, wirklich immer belegt ist!
Die Kolumnen
Im wöchentlichen Wechsel erscheinen im Stil-Ressort immer mittwochs die Kolumne „Der Moment“, die Beziehungskolumne „Ich. Du. Er. Sie. Es.“ und die „Fünf Dinge“-Kolumne. In der „Fünf Dinge“-Kolumne geht es um eine Handvoll Punkte, die nerven: am Fitnessstudio, an der Büroküche, an einer aktuellen Debatte, an Weihnachten – oder an sonst irgendwas.