Instrumentenlehre für Anfänger : Der Herzschlag des Orchesters
- -Aktualisiert am
Jeder hat seine Aufgabe im Orchester: Lars Rapp, Solopauker des HR-Sinfonieorchesters, beim Üben an seinem Instrument. Bild: Tom Wesse
Die Pauke, so denkt der Laie, sei ein im Ensemble nachrangiges Instrument. Doch welche Faszination es ausübt, wird schnell offenkundig, wenn man dem Musiker zuhört, der es spielt.
Wenn wir über einen Freund, einen Politiker, wenn wir vielleicht sogar über den Ehemann sagen: „Da hat er mal wieder ordentlich auf die Pauke gehauen“, ist das nur bedingt ein Kompliment. Auch unter den Männern und den paar Frauen, die im wahrsten Sinne des Wortes auf die Pauke schlagen, mag es den ein oder anderen Angeber geben. Lars Rapp jedoch gehört nicht dazu. Der Solopauker des HR-Sinfonieorchesters ist ein zurückhaltender, häufig lächelnder, höflicher Mensch. Am Ende eines anderthalbstündigen Gesprächs, in dem er mit dem weichen Singsang seiner oberschwäbischen Heimat geduldig sein Instrument erklärt und auf jede noch so naive Frage gewissenhaft geantwortet hat, bedankt sich der 45-Jährige für das Interesse: „Das kommt bei der Pauke ja nicht so häufig vor.“
Es gibt Menschen, die wenig oder gar keine Ahnung von klassischer Musik haben, sie aber trotzdem gerne hören. Wenn sie ein Konzert besuchen, sind sie beeindruckt davon, wie synchron die vielen Streicher ihre Bögen bewegen, wie dick die Blechbläser ihre Wangen aufblähen, wie schnell die Flötisten ihre Finger bewegen und trotzdem stets den richtigen Ton treffen. Am Pauker jedoch bleiben die Augen eher selten hängen. Häufig sitzt er in der letzten Reihe lange ruhig hinter seinem Instrument. Ist er dann mal dran, sind ihm meist nicht mehr als ein paar Takte Einsatzzeit vergönnt. Zudem scheint die Komplexität des Spiels im Vergleich zu dem anderer Instrumente eher reduziert. Natürlich gilt auch hier, und das wegen der Lautstärke vielleicht sogar stärker als bei anderen: Der Einsatz muss stimmen. Aber was genau macht die Faszination am orchestralen Paukenspiel aus?
Einerseits Transparenz, andererseits Paukenwirbel
Die kurze Antwort, die Lars Rapp darauf hat, lautet: „Diese Wucht, diese Klangfülle, dieses körperliche Spiel.“ Gleichzeitig schätzt er die Bandbreite seines Instruments: die manchmal sehr feine, transparente Spielweise einerseits, andererseits den Paukenwirbel, der schon einmal über 30 Takte gehen kann und um die zwei Minuten dauert wie zum Beispiel bei Bruckner. Eigentlich muss man dem zweifachen Familienvater aber nur zuhören und zuschauen, um in den Bann des Instruments gezogen zu werden. Es gleicht einer Musikstunde in der Schule, nur sehr viel spannender, wenn Rapp die Bau- und Funktionsweise der vier Pedalpauken erläutert, die an diesem Vormittag im Studio der Bigband des Hessischen Rundfunks in Frankfurt am Main vor ihm stehen.