
Ewige Jugend
6. August 2020
Text: SONJA KASTILAN
Fotos: JOSEPH KADOW
Früher träumten die Menschen nur vom Jungbrunnen. Heute arbeitet die Wissenschaft daran, das Altern zu erforschen. Und es womöglich sogar anzuhalten und abzuschaffen.
Älter werden und dabei jünger bleiben: Das ist der Wunsch all jener, die einfach nicht erwachsen werden wollen. Es ist aber auch eine Notwendigkeit in einer Gesellschaft, deren Durchschnittsalter steigt. Der Biologe Steve Horvath erforscht das Altern – und fragt, was dagegen hilft.
Eine Geschichte aus der aktuellen Ausgabe des Magazins der F.A.Z. „Frankfurter Allgemeine Quarterly“
Jetzt abonnierenWar die Zeit nicht schön, als unser Schicksal in den Händen illustrer Götter zu liegen schien? Dem Menschen blieb es überlassen, ihnen Tempel zu errichten, sie zu preisen und mit Opfergaben für sich einzunehmen. Im Zweifel folgte alles einem höheren Plan, dem der Götter, nicht dem eigenen. Heute hingegen huldigen wir weder Hebe, der griechischen Göttin der Jugend, die großzügig Nektar und Ambrosia reichte, noch Iuventas, ihrer römischen Doppelgängerin. Auch die nordische Idun ist wohl nur noch Rollenspielern ein Begriff, dabei hielt sie in Form von goldenen Äpfeln bereit, was einst der Götterschar vorbehalten war, neuerdings aber nicht nur die Wohlhabenden unter den bald acht Milliarden anstreben: ewige Jugend, am liebsten Unsterblichkeit.
Vorbei ist es allerdings mit der Leichtigkeit des Seins, für das ein starker Glaube genügte. Wir leben aufgeklärt und selbstbestimmt, müssen ohne jegliche göttliche Hilfe gegen die irdische Vergänglichkeit ankämpfen. Mit aller Macht, sei es durch Lebensstil, Medikamente oder auf eine tiefer schürfende Art, greifen wir in unsere Matrix ein, wollen die Natur bezwingen. Denn abhängig von der Zeit, beeinflusst von den Genen und anderen Faktoren, werden unsere physiologischen Funktionen – mehr oder weniger schnell – nachlässig. Unaufhaltsam. Bislang. Diese Vorgänge fordern nun jedoch Wissenschaftler heraus, die sich, wie der Altersforscher Steve Horvath, der Seneszenz mit den Methoden der modernen Molekularbiologie entgegenstellen. Viele, doch eben nicht alle Senioren, sind schwerkrank, bevor sie sterben: Was heißt es also, zu altern?
„Manche denken, es gibt ein Programm, andere sprechen von Entropie, als ob einfach alles den Bach runterginge. Wieder andere vermuten, dass anfangs essentielle Prozesse später schädlich wirken“, so beschreibt Horvath das weite Feld der Altersforschung. Ein zielgerichtetes Programm ergibt seiner Meinung nach keinen Sinn, im Altern kann er auch nicht nur eine Schadensammlung erkennen – es sei viel komplexer: „Irgendwann werden wir es wissenschaftlich verstehen, und dann kümmern wir uns um die Frage: Warum?“
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