Kaiserfamilie in Brasilien : „Wir gehen mit dem Volk auf die Straße“
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Künftiger Kaiser? Dom Rafael - hier im Hotel Grand Hyatt in São Paulo – glaubt daran, dass aus Brasilien dereinst wieder eine Monarchie werden könnte, mit ihm auf dem Thron. Bild: Norbert Franchini
Einst war Brasilien ein Kaiserreich. Manche sehnen sich in politisch instabilen Zeiten nach dem Monarchen zurück. Dom Rafael, Urururenkel von Kaiser Pedro II., weiß, wie er sein Land besser regieren würde.
Dom Rafael, wie sprechen Ihre Kollegen Sie an? Ihre königliche Hoheit?
Auf jeden Fall nicht bei der Arbeit. Da bin ich einfach Rafael. Offiziell aber werde ich mit "Königliche Hoheit" angesprochen, auf Portugiesisch "sua alteza real", sonst meist Dom Rafael.
Ihr voller Name ist Rafael Antônio Maria José Francisco Miguel Gabriel Gonzaga de Orléans e Bragança e Ligne. Das sind eine Menge Namen.
Ja. Die Namen sind Teil unserer Familientradition und unseres katholischen Glaubens. Meine eigentlichen Vornamen sind Rafael Antônio. Maria José stehen für Maria und Josef, Francisco ist der Name meines Patenonkels, des Bruders meines Vaters. Miguel und Gabriel zusammen mit Rafael ergeben die drei Erzengel, Gonzaga de Orléans e Bragança e Ligne ist eine Komposition der Familiennamen.
Wie ist das Leben eines Mitglieds der kaiserlichen Familie Brasiliens?
Ich führe ein ganz normales Leben. Natürlich habe ich eine gewisse Verantwortung, und ich muss meine Familie regelmäßig bei Veranstaltungen vertreten. Aber ansonsten muss ich mir wie jeder andere Brasilianer auch meinen Lebensunterhalt verdienen. Und ich habe auch einen Boss, der mir sagt, was ich zu tun und zu lassen habe.
Dom Rafael, Urururenkel des letzten Kaisers von Brasilien, Pedro II. (1825 bis 1891), arbeitet seit sechs Jahren für die größte Brauereigruppe der Welt, Anheuser-Busch Inbev, zunächst in Rio, seit zwei Jahren in São Paulo. Zu den globalen Marken des Konzerns gehören das amerikanische Budweiser und das mexikanische Corona, zudem alkoholfreie Getränke wie das brasilianische Guaraná Antarctica, das aus den Samen der gleichnamigen Amazonasfrucht hergestellt wird. Dom Rafael hat bis 2010 Ingenieurwissenschaften an der Päpstlichen Katholischen Universität ("Pontifícia Universidade Católica") von Rio de Janeiro studiert. Bei AB Inbev ist der Dreißigjährige als "Pricing Manager" zuständig für das Preismanagement von Erfrischungsgetränken.
Familientraditionen sind Ihnen wichtig?
Ja. Sehr.
Sie stehen derzeit an vierter Stelle in der "Thronfolge". Ihr Vater, Dom Antônio, hat noch zwei ältere kinderlose Brüder, Dom Bertrand und Dom Luíz, der sich offiziell Luíz I., Kaiser von Brasilien, nennt. Wann wurde Ihnen bewusst, dass Sie kein ganz normaler Brasilianer sind?
Ich habe meinen Vater schon als Junge zu offiziellen Terminen begleitet. Ich wuchs also in die Familiengeschichte hinein. Aber einen Moment gab es in der Schule, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist. Wir sprachen über die brasilianische Geschichte und das Kaiserreich. Ich glaube, ich war damals zwölf, als mich der Lehrer nach vorne rief und meinte, ich solle mal von meiner Familie erzählen. Das war nicht besonders angenehm, denn ich wusste natürlich etwas mehr über meine Vorfahren als die anderen. Aber ich war immer schon schüchtern und auch damals nervös, als ich vor der Klasse sprechen sollte.
Heute müssen Sie bestimmt des öfteren Reden halten?
Ja. Vor allem beim jährlichen Kongress der Monarchisten und beim Geburtstag meines Onkels Luíz.
Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?
Sieben Brüder und vier Schwestern.
Eigentlich waren Sie für die Nachfolge als Chef des kaiserlichen Hauses gar nicht vorgesehen.
Das stimmt. Aber mein älterer Bruder Pedro Luíz kam 2009 beim Absturz des Air-France-Fluges von Rio de Janeiro nach Paris ums Leben.
Sie wuchsen als der Zweitgeborene auf, gewissermaßen als Prinz Harry Brasiliens.