Winzer Paul Weltner : Diese Weine heben die Laune
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Die Anbaufläche des fränkischen Winzers Paul Weltner beträgt elf Hektar und teilt sich in vierzig Parzellen auf. Bild: www.weltnerwein.de
Wenn wir schon zu Hause in Quarantäne darben müssen, sollten wir wenigstens guten Wein trinken. Sehr geeignete Kandidaten, um die Laune zu heben, sind die gereiften Silvaner von Paul Weltner aus Franken. Die Kolumne Geschmackssache.
So schnell kann ein Segen zum Fluch werden: Seit ein paar findige Winzer und Weinbaufunktionäre auf die Idee gekommen sind, den Silvaner zum „Spargelwein“ zu deklarieren, ist die bis dahin nur in ihrer Heimat fest verwurzelte Leib-und-Magen-Traube Frankens in aller deutscher Munde – als fruchtiger Tropfen, der unkomplizierten Trinkfluss garantiert und dabei so bekömmlich ist, dass er sofort zu jedermanns Freund wird.
Seither trinken die Deutschen reflexhaft Silvaner zum Spargel und schlagen dabei gerne eine besonders bizarre Volte im kulinarischen Kuriositätenkabinett unserer Nation. Denn sie kennen keine Skrupel, zehn Euro für ein Kilo des schnellwachsenden Stangengemüses zu zahlen, während sie für den angeblich perfekt dazu passenden, in der Herstellung zehnmal so aufwendigen Wein kaum die Hälfte ausgeben. Und so ist der Ruf des Silvaners zwar nicht ruiniert, aber doch reduziert auf einen Wein von freundlicher Eindimensionalität zum Schnäppchenpreis.
Der Franke Paul Weltner will sich damit um keinen Preis abfinden. Seit fünfhundert Jahren betreibt seine Familie in Rödelsee Weinbau, seit den Zeiten seines Urgroßvaters keltert sie Qualitätsweine, seit Anfang der achtziger Jahre gehört sie zum Verband der Deutschen Prädikatsweingüter, und seit er selbst den Betrieb führt, kämpft er an vorderster Front für die Ehrenrettung des Silvaners. Er habe ihn in seiner Jugend erst als langweiligen Allerweltswein, dann je nach aktueller Mode als fruchtsatten „Monster-Silvaner“ oder holzverseuchte Bonbonniere kennengelernt, sagt Weltner. Und erst seine Lehrjahre bei den pfälzischen Spitzengütern Rebholz und Weegmüller hätten ihm die Augen für das Potential dieser Traube geöffnet.
„Ich muss dem Silvaner nichts hinzufügen“
Vor fünfzehn Jahren hat er den Familienbetrieb übernommen und will seither nichts anderes, als zur reinen Seele des Silvaners vorzudringen, den er aus Respekt vor der Tradition so wie in den alten Zeiten prinzipiell mit einem „y“ schreibt. Purismus ist dabei der Leitfaden all seines Handelns: Keine Kellermeistertricks dürften das Aroma des Silvaners und seines Terroirs verfälschen, stattdessen müssten neunzig Prozent der Arbeit im Weinberg gemacht werden, sagt der Winzer, der bis zu fünfzehn Durchgänge pro Saison im Wingert auf sich nimmt, fast jeden Rebstock mit Vornamen kennt, beim Laubschnitt und der Düngung mit größter Sorgfalt ans Werk geht, die meisten Trauben von Hand liest und die Weine zum größten Teil im Edelstahl ausbaut, weil das Holz ihren Geschmack nur verzerren würde. „Ich muss dem Silvaner nichts hinzufügen“, sagt Weltner und klingt dabei kein bisschen kokett.
Einen solchen Aufwand kann er nur betreiben, weil er mit elf Hektar eine vergleichsweise kleine Anbaufläche besitzt. Sie splittert sich wegen der fränkischen Realteilung in vierzig Parzellen auf, was noch mehr Arbeit bedeutet und Weltner gerade recht ist – er säße ohnehin schon zu viel am Schreibtisch und freue sich immer, wenn er selbst Hand anlegen könne.