Milchalternative aus Erbsen : Schmeckt das?
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„Erbsenmilch“ scheint gute Laune zu machen: Gründer Moritz Braunwarth, Niklas Katter und Nicolas Hartmann (von links) Bild: vlyfoods
Klimaschutz, den man schmecken kann: Die Gründer von Vly haben eine pflanzliche Milchalternative aus Erbsen entwickelt. Den Wasserverbrauch schätzen die Gründer zehnmal geringer als bei der Herstellung von Kuhmilch.
Der fluffige Schaum auf dem Milchkaffee knistert leise, während er allmählich mit dem zarten Braun des Kaffees verschmilzt. Dass die Tasse ein Geheimnis birgt, fällt erst beim Probieren auf. „Wenn wir den Leuten erzählen, dass die Milch aus Erbsen hergestellt wurde, können es viele gar nicht glauben“, sagt Nicolas Hartmann. Gemeinsam mit Moritz Braunwarth und Niklas Katter hat er 2019 das Start-up Vly gegründet. Im Februar haben die Gründer ihren Erbsendrink auf den Markt gebracht. Neben der Originalvariante mit Roh-Rohrzucker gibt es sie auch ungesüßt und als Barista-Variante, für Kaffeeliebhaber.
„Das Kaffeeproblem hat uns viele Nerven gekostet“, erzählt Nicolas Hartmann. Pflanzliche Milchalternativen neigen dazu auszuflocken, wenn der Proteingehalt hoch ist. Kleine Mengen Milch auf sehr säurehaltigen Kaffee und große Temperaturunterschiede seien immer kritisch, sagt Hartmann. Wenn sich doch einmal Wölkchen bilden, soll man umrühren und etwas mehr Milch nehmen.
Aus isoliertem Erbseneiweiß
Auch die Schaumfestigkeit ist bei Pflanzendrinks nicht selbstverständlich. „Wir haben am Anfang wild alle pflanzlichen Proteine ausprobiert, von Soja bis Mohn.“ Dass es am Ende die Erbse wurde, sei Zufall. Der Anspruch der Gründer war hoch: viel Protein, wenig Kohlenhydrate, cremige Konsistenz – aber bitte keinen Erbsengeschmack. „Den charakteristischen Eigengeschmack von Erbsen bekommt man schlecht weg, da sind viele Menschen empfindlich“, sagt Andreas Pfeiffer, Endokrinologe an der Charité Berlin.
„Man versteht langsam, welche Strukturen für den bohnigen Geschmack verantwortlich sind und versucht, Technologien zu entwickeln, um das zu extrahieren oder gar nicht erst entstehen zu lassen“, bestätigt Sascha Rohn. Der Hamburger Professor für Lebensmittelchemie ist an mehreren Forschungsprojekten beteiligt, die Anbau und Verwertung von Leguminosen untersuchen.
Nach zwei Jahren intensiver Forschungsarbeit an der Technischen Universität Berlin und zahlreichen Blindtests ist es den Gründern von Vly gelungen, den Eigengeschmack der Erbse zu verringern. "Das Witzigste beim Probieren war, dass es keine Richtung gab. Manche haben nach dem Probieren gesagt, es schmecke nussig, nach Hafer oder sogar H-Milch. Das Wildeste war, dass es jemanden an Kokosmilch erinnert hat", sagt Nicolas Hartmann. Wenn sie dann erzählen, was wirklich drin ist, schauen die Leute ungläubig. „Besonders stark war dieses Phänomen, wenn wir auf Events der Milchindustrie waren.“ Übrigens darf laut Gesetz die Bezeichnung „Milch“ nur für Lebensmittel verwendet werden, die tierischen Ursprungs sind.
Um „Erbsenmilch“ herzustellen, werden getrocknete Erbsen eingeweicht, püriert und zentrifugiert. Durch das unterschiedliche Gewicht der Bestandteile lassen sich die Hülsenfrüchte in Protein, Stärke und Ballaststoffe aufteilen. Für den Erbsendrink verwendet das Start-up lediglich das isolierte Erbseneiweiß, die anderen Bestandteile werden weiterverkauft. Um eine cremige Konsistenz zu erreichen, sollte die Makro-Nährstoffstruktur der von Kuhmilch ähneln. Also wird für einen höheren Fettgehalt neben Wasser und Erbsenprotein auch Rapsöl zugesetzt. Die gelben Spalterbsen, die das Start-up für seinen Pflanzendrink verwendet, kommen aus Nordfrankreich.
Mit attraktiver Umweltbilanz
In Deutschland wurden 2019 nur auf 1,7 Prozent der Ackerfläche Körnerleguminosen angebaut, zu denen auch Erbsen gehören. Der Großteil wird als Tierfutter verwendet, ein kleiner Teil des Erbsenproteins wird seit ein paar Jahren auch in der Lebensmittelindustrie genutzt. „Ich glaube, dass in den nächsten Jahren mehr Erbsen in Deutschland angebaut werden. Unter anderem, weil sich die politischen Rahmenbedingungen hin zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft ändern“, sagt Henrik Maaß, der sich am Forschungszentrum für Globale Ernährungssicherheit und Ökosysteme der Universität Hohenheim mit Leguminosen beschäftigt.