Starkoch Mario Lohninger : Salzburg kocht für Frankfurt
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Frisch aufgeknuspert: Mario Lohninger (links) mit seinem Vater Paul, der die gebratene Schweineschulter präsentiert, und Küchenchef Dirk Schommer Bild: Frank Röth
Der Österreicher Mario Lohninger zählt zu den besten Köchen in Deutschland. Seine Küche ist wie er selbst: bodenständig und innovativ.
Wer ins „Lohninger“ geht, dem fällt beim Blick in die Küche ein mächtiges Hirschgeweih auf. Das Maskottchen an der Wand stammt aus Südtirol und war ein Geschenk. Mario Lohninger bekam es, nachdem er 2006 seinen ersten Stern vom „Guide Michelin“ für sein Restaurant „Silk“ in Sven Väths „Cocoon Club“ bekommen hatte. Ein Jahr bevor der Frankfurter Technoclub schließen musste, ernannte ihn der Gourmetführer „Gault Millau“ zum „Koch des Jahres 2011“, weil er „voller Entdeckerfreude und Erneuerungsdrang“ gleich drei verschiedene Küchen bietet – im „Silk“, im „Micro Fine Dining“, dem zweiten Restaurant des „Cocoon Clubs“, sowie im 2010 eröffneten „Lohninger“ in Sachsenhausen.
Innovativ ist der Zweiundvierzigjährige also – zugleich ist er aber auch seiner Heimat Österreich verbunden. „Ich bin ein Bergjunge“, sagt Lohninger, der in Saalfelden geboren ist. Und er ist ein Familienmensch: Sein Vater Paul hilft in der Küche, die Mutter Erika ist für den Service im „Lohninger“ zuständig, das im Stil eines österreichischen Gasthauses geführt wird. Wiener Schnitzel und Kaiserschmarrn stehen ganzjährig auf der Karte. Sonst ist seine Küche schwer zu fassen, sie ist alpin und mediterran, französisch und japanisch, nordamerikanisch und frankfurterisch, was auch mit seinen beruflichen Stationen zu erklären ist: „Obauer“ in Salzburg, „Tantris“ in München, „Spago“ in Los Angeles, „Guy Savoy“ in Paris, „Danube“ in New York, um nur die wichtigsten zu nennen.
Wer ihn also um ein Menü von sieben Gängen bittet, darf auf Überraschungen gefasst sein. Und so steht Mario Lohninger ausnahmsweise morgens um neun in seiner zehn Quadratmeter großen Küche. An seiner Seite Küchenchef Dirk Schommer, der schon im „Silk“ mit ihm gekocht hat. Gemeinsam haben die beiden sieben Rezepte zusammengestellt. „Los geht's mit einer Taunusforelle“, sagt der Hausherr. Bei dem Fisch, den er mit einem Sashimi-Messer filetiert, haben sich Lohninger und Schommer fernöstlich inspirieren lassen. Der Fisch wird japanisch gebeizt, dann kalt in einem Topf geräuchert und kommt noch roh auf den Tisch. Dazu wird ein Staudensellerie-Fenchel-Salat mit geriebenem Apfel serviert.
Pamela Anderson und die Clintons waren zu Gast
Für den zweiten Gang hat Schommer Rote Beten fast drei Stunden lang unter anderem in Champagneressig geschmort, so dass sie einen „nussigen Geschmack“ bekommen. Er schneidet eine Rübe in Scheiben, belegt sie mit Ziegenfrischkäsecreme, auf die eine weitere Scheibe mit der Creme kommt. Zuletzt reibt er frischen Kren darüber und garniert sie mit karamelisierten Pekannüssen. Es folgt als Fischgericht Zander mit Herbsttrompeten, einem Pfifferlingsverwandten, dazu Rosenkohlblätter. Danach bereitet Lohninger Maronenravioli, die bei ihm „Kastanien-Schlutzkrapfen“ heißen, mit Steinpilzen zu.
Im Ofen gart derweil seit zwei Stunden die Schweineschulter, deren zuvor rautenförmig eingeschnittene Haut schon knusprig aufgeplatzt ist. „Früher hätte ich dazu Semmelknödel serviert“, sagt Lohninger. Doch seit er weiß, dass er auf glutenhaltiges Getreide allergisch ist, kocht er nur noch glutenfrei. Er hat darum Polentaknödel gewählt. Plentn, wie Polenta in Österreich genannt wird, besteht aus Maisgrießbrei. Schon im „Spago“ und im „Danube“, wo Pamela Anderson und Tony Curtis, Gwyneth Paltrow und Brad Pitt zu Gast waren, aber auch die Clintons oder das thailändische Königspaar, das ihn danach für ein Galadinner in Bangkok buchte, musste er auf die Unverträglichkeiten seiner Gäste achten. „Seither stellen wir alles selbst und jeweils frisch her, damit wir wissen, was in unseren Speisen ist“, sagt Lohninger. Nur eine Sorte Brot lässt er liefern, sonst wird jede Sauce, jede Nudel und sogar das Eis in seiner Küche von Hand angefertigt.
Der Nachtisch des F.A.Z.-Magazin-Menüs ist genauso besonders wie die Gänge zuvor: Hollerkoch mit Schwarzbiereis und ein Frivoler Mozart. Das Dessert heißt so, weil ihm eine Zuckerfäden-Perücke, die leicht zerzaust ans Rokoko erinnert, aufgesetzt wird. Dafür nimmt Schommer einen Schneebesen, bei dem er die Drahtschlaufen aufgeschnitten hat, spannt ihn in eine Bohrmaschine ein, taucht die Spitzen in flüssige Zuckermasse und lässt sie dann so lange rotieren, bis ein feines weißes Gespinst entstanden ist. „Das muss einfach sein“, sagt Lohninger, der – wie der Komponist – aus dem Salzburger Land stammt. Genauso übrigens wie das Paniermehl für sein Wiener Schnitzel. An der „eingebröselten“ Spezialität aus k.u.k.-Zeiten hält er fest, was die „Gault-Millau“-Tester vielleicht 2015 ganz besonders begeisterte: Mit 17 Punkten zählt er wieder zu den besten Köchen in Deutschland.