Kulinarische Erkundungen : Und, wie war der Urlaub?
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Camembert: Die Normandie ist einer der Markenbotschafter des Mythos Frankreichs rund um Käse, Butter und Crème fraîche. Bild: StockFood
Zwei Kulinarik-Autoren, zwei Reisen an gastronomisch bedeutende Orte. Einer - Cornelius Lange - fliegt nach Sizilien, den anderen - Fabian Lange - zieht es in die Normandie.
Die Schlaglöcher auf Siziliens Straßen sind immer noch die nachhaltigsten in Europa. Das ist der erste Eindruck am Steuer unseres Mietwagens, den wir am Flughafen von Catania abholen. Es ist ein schwarzer Lancia Ypsilon. Das Auto ist so heiß, dass die Klimaanlage selbst auf maximaler Froststufe kaum etwas für uns tun kann. Vor unserer Abreise hat Nunzio, unser italienischer Wirt zu Hause, nur den Kopf geschüttelt. „Isse viele zu ’eiss, Cornelio! Musse du fahren in Maggio“, hat er gesagt. Nunzio - selbst ein Sizilianer - kann übrigens überhaupt nichts daran finden, auf Sizilien Urlaub zu machen. Er fliegt in die Dominikanische Republik.
Wir haben uns im Südosten der Insel in einem Agriturismo einquartiert, etwa fünfzehn Autominuten vom Meer entfernt. Eine conditio sine qua non, wenn man eine Tochter hat, die sieben Jahre alt ist. Sie braucht Sand - am besten bis zum Horizont. Diese Distanz ist aber auch in anderer Hinsicht von Vorteil, denn am Abend kommt eine leichte Brise auf. Direkt an der Küste hängt die feuchtwarme Luft wie ein nasses Handtuch. Die Azienda schmückt ein Mandelbaum-Hain, der wunderschöne, aromatische Früchte an den Zweigen trägt.
Die zwei Gesichter Siziliens
„Die bringen aber nichts mehr“, sagt Salvatore mit einer abwinkenden Handbewegung und zertritt eine Mandel zu Staub. Salvatore hält auf seinem Agritourismo alles in Schuss, erst wenn wir diese gated communitiy verlassen, prallt uns die sizilianische Realität mit aller Wucht entgegen: totgefahrene Hunde, brennende Stoppelfelder, Plastikmüllfahnen, die kilometerlang den Straßenrand säumen, und kapitale Bauruinen, aus denen rostiger Armierungsstahl in den Himmel ragt.
Das ist das eine Gesicht dieser janusköpfigen Insel. Das andere sind verzaubernde Offerten an die Gäste. Zum Beispiel der Aperitivo aus sizilianischem Moscato und kleinen Pasteten, Bruschetta, Salami, Käse, Salzmandeln und Oliven. Serviert auf einer Piazza, die sich dem rechten Winkel verweigert, als ob Rudolf Steiner persönlich der Architekt gewesen wäre. Perfektes Licht - über uns dreien das ewige Blau der Nacht, und der warmtönige Kalkstein leuchtet dagegen.
Die Städte Ragusa, Scicli, Noto und Modica gehören zum Weltkulturerbe-Kollektiv des Val di Noto. Diese sizilianischen Spätbarockperlen sind wie die Schwalbennester an die steilen Felswände konstruiert worden und scheinen die Jahrhunderte im Tiefkühlschlaf überdauert zu haben. Bis 18 Uhr liegt über den Städten eine hochsommerliche Hitzeglocke, die alles öffentliche Leben ersterben lässt. Aber plötzlich kehrt das Leben zurück. Die der Sonne abgerungenen Plätze gehen wieder in den Besitz der ansässigen Gastronomie über, die ihre fleißigen Mitarbeiter aussendet, bunte Tische hinauszutragen, Leinen darauf zu werfen, Stoffservietten einzudecken und feine Weingläser, die diesen Namen auch verdienen. Schnell haben die bunten Tischchen die barocke Treppenstraße besetzt.