Weingut Reichsrat von Buhl : Lieber egalitär als elitär
- -Aktualisiert am
Alles, was er dort gelernt und perfektioniert hat, kommt nun dem Hause Buhl zugute. Kauffmann ist ein detailversessener Qualitätsfanatiker, der sich aus der Champagne die beste Degorgiermaschine besorgt hat und nur die hochwertigsten Kronkorken für die Flaschengärung verwendet, bei denen er den Austausch von Kohlendioxid und Sauerstoff aufs Zehntel Milligramm genau messen kann. Er hat mit verschiedenen Fässern experimentiert und sich dann für Tonneaux und Doppelstücke aus Spessart-Eiche entschieden, weil sie seine Gewächse am besten harmonisieren. Er bewirtschaftet seine Weinberge biodynamisch, lässt die Trauben in Frieden natürlich reifen, erntet sie vergleichsweise früh, weil für ihn Finesse viel wichtiger ist als Fruchtbombenwucht, presst sie mit größter Vorsicht, damit die Kerne nicht verletzt und die Grundweine nicht bitter werden, und verzichtet entgegen der herrschenden Lehrmeinung fast völlig auf Schwefel zur Stabilisierung. „Schwefel tötet die Gewächse, denn er würgt die tausend Prozesse ab, die von der Hefe in Gang gesetzt werden und dem Wein erst seine Seele geben“, sagt Kauffmann, der auch von Schönung wenig hält, nur einmal filtert und ansonsten im Keller das „kontrollierte Nichtstun“ zu seinem Lebensmotto erhoben hat.
Der Moment der Wahrheit
Seinen Weinen bekommt dieses Laisser-faire bestens, vor allem den knochentrockenen, hochkonzentrierten, auf den ersten Blick fast etwas spröden, sich dann aber in ihrer ganzen Vielschichtigkeit öffnenden Rieslingen – und seinen Manufaktur-Sekten erst recht, auf die man glücklicherweise nicht noch fünf Jahre warten muss. Kauffmann keltert sie aus zugekauften Trauben handverlesener Pfälzer Winzer, widmet sich ihnen mit ebenso großer Sorgfalt und Hingabe wie seinen Prestige-Sekten aus den besten Lagen des Hauses Buhl und wird für sie aus gutem Grund mit Preisen überschüttet. Der Brut Rosé 2016 hat nicht nur eine Perlage in Perfektion und einen Schmelz zum Dahinschmelzen, er bleibt immer auch ein Wein, der mit einem verschwenderischen Duft nach Beeren und reifem Pfirsich schmeichelt, ohne jemals aufdringlich oder gar zudringlich zu werden, und in vollen Zügen die Freiheit auslebt, nicht unter einer Schwefelglocke darben zu müssen. Der Riesling Brut 2016 wiederum ist so rund, so harmonisch, dass man ihn mit geschlossenen Augen für einen Blanc de Blancs aus der Champagne halten könnte – bis er dann doch unter dem Gewand der champagnesken Vornehmheit seine Pfälzer Lebenslust offenbart.
Und dann kommt der Moment der Wahrheit: der Rosé Prestige 2013, eine der letzten Flaschen, die Mathieu Kauffmann noch herausrückt – und es ist ein archimedisches Eureka, ein Sekt auf Augenhöhe mit Roederers Cristal und Krugs Rosé, salzig, würzig, mineralisch und zugleich so cremig, als käme er aus einer Kellermeister-Pâtisserie, ein deutscher Winzersekt, der so viel zu erzählen hat wie Proust und es so elegant tut wie Balzac. Nur die Säure ist noch etwas zu ungestüm, doch dieser Sekt, dessen Etikett symbolkräftig das Wappen der Reichsräte von Buhl auf der Rosette von Notre-Dame de Paris ziert, hat ja auch erst die Hälfte seines Weges hinter sich. Wir werden warten, voller Sehnsucht und voller Ungeduld.